Aufklärung Anschlag gegen Parteibüro: Antifa schneller als die Polizei
Von Rechtsextremismus will die Staatsanwaltschaft beim Anschlag auf das Linken-Parteibüro in Oberhausen nicht sprechen. Antifa-Recherchen sind weiter.
Von politischem „Rechtsextremismus“ wollte die Staatsanwältin dagegen nicht sprechen – dazu sei noch zu unklar, ob und wieweit die beiden Tatverdächtigen, ein 49 Jahre alter Mann und eine 32 Jahre alte Frau aus dem Oberhausener Stadtteil Styrum, in der rechtsradikalen Szene vernetzt sind. Auch gebe es „keine Erkenntnisse“, dass die beiden der „Reichsbürger“-Szene angehörten.
Allerdings: Antifa-Aktivist:innen scheinen schon mehr zu wissen. Im Internet nennen sie die Klarnamen der beiden Tatverdächtigen. Danach soll es sich um den Neonazi Thomas L. und seine Freundin Nina S. handeln. Thomas L. sei schon vor Jahrzehnten Aktivist der 1995 verbotenen rechtsradikalen Kleinpartei FAP gewesen. „Mindestens seit 2017“ habe er in sozialen Netzwerken Propaganda der heute unter dem Namen „Die Heimat“ firmierenden rechtsextremen NPD verbreitet. Dabei hetzte er offenbar etwa gegen Sinti und Roma – und bezeichnete sich selbst als „solide arisch“.
Nach den Antifa-Recherchen hat Thomas L. außerdem zentrale Verschwörungstheorien der „Reichsbürger“-Szene weiterverbreitet – etwa die Idee, die Bundesrepublik sei kein souveräner Staat, sondern lediglich eine „GmbH“, um „die besetzten deutschen Gebiete zu verwalten“. Auch seine Freundin Nina S. habe eine Nähe zur Rasse-Ideologie des Nationalsozialismus erkennen lassen.
Staatsanwaltschaft ist überrrascht
Die Duisburger Staatsanwaltschaft zeigte sich von den Rechercheergebnissen der Antifa-Aktivist:innen überrascht. Natürlich sei das Narrativ der nicht-souveränen Bundesrepublik ein zentrales Kernelement der „Reichsbürger“-Ideologie, so Sprecherin Marieluise Hepe zur taz. Warum dennoch „keine Erkenntnisse“ zum Reichsbürger-Bezug der beiden Verdächtigen vorlägen, wisse sie nicht: „Entweder hat die Polizei das nicht ermittelt – oder ich bin darüber noch nicht informiert“, sagte die Staatsanwältin.
Auch von der ermittelnden Polizei Essen war keine Stellungnahme zu erhalten: Die Behörde äußert sich nicht mehr zu dem Sprengstoffanschlag, bei dem nur wegen der Tatzeit mitten in der Nacht um 3:02 Uhr keine Menschen verletzt wurden. Presseanfragen würden nur noch von der Staatsanwaltschaft Duisburg beantwortet, so eine Polizeisprecherin.
Bei der Linken als Anschlagsopfer wächst deshalb das Unverständnis. Es sei ein „Skandal“, dass die Ermittlungen im Sommer 2023 zunächst eingestellt worden seien, erklärt der Bundesvorsitzende der Partei, Martin Schirdewan. Bis heute bleibe unklar, wie die Polizei dennoch auf die beiden jetzt in Haft sitzenden Verdächtigen gestoßen sei, klagt auch der Landessprecher der Linken in NRW, Sascha H. Wagner. Auch die Duisburger Staatsanwaltschaft erklärt zu dieser Frage – nichts. Antworten könnten das laufende sowie andere Ermittlungsverfahren gefährden, sagte Staatsanwältin Hepe der taz.
„NRW-Innenminister Herbert Reul und seine Behörden sind auf dem rechten Auge blind“, ärgert sich Linken-Landessprecher Wagner. Schließlich habe sich der Verdacht auf eine Täterschaft von Rechtsextremist:innen von Anfang an aufgedrängt. Umso nötiger sei, dass Christdemokrat Reul jetzt konsequent gegen Rechte vorgehe – etwa durch ein Verbot der NRW-Jugendorganisation der AfD: „Die ‚Junge Alternative‘ könnte als Vorfeldorganisation einer faschistischen Partei zügig verboten werden“, glaubt Wagner.
Reuls Ministerium verweist dagegen darauf, dass der NRW-Verfassungsschutz die ‚Junge Alternative‘ im Dezember 2023 wegen rechtsextremer Tendenzen als Verdachtsfall eingestuft habe und seitdem beobachte. Den Linken reicht das nicht: Sie haben am Samstag, zwei Tage vor dem vierten Jahrestag des Attentats von Hanau, bei dem ein Rassist neun Menschen mit Migrationshintergrund getötet hat, am Oberhausener Hauptbahnhof demonstriert – „gegen rechte Hetzparolen und Terror“.
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