Aufgedeckte Hamas-Anschlagspläne: Neuer Streit um Aberkennung von doppelter Staatsbürgerschaft
Bei einer Waffenübergabe wurden drei mutmaßliche Hamas-Mitglieder in Berlin festgenommen. Die Union will über Ausbürgerungen sprechen.

Throms Vorstoß kommt rund eine Woche vor der geplanten Verabschiedung einer Staatsbürgerschaftsreform durch den Bundestag. Eine Änderung der Regeln für Personen mit zwei Pässen ist darin bislang nicht vorgesehen, auch wenn die Union im Wahlkampf ähnliche Forderungen erhoben hatte wie jetzt Throm. Die SPD hatte sich stets dagegen gestellt.
So sieht die Reform derzeit nur vor, die beschleunigte Einbürgerung für Personen mit besonderen Integrationsleistungen abzuschaffen. Sie konnten bisher bereits nach drei Jahren einen deutschen Pass beantragen, künftig sollen es wie für andere auch wieder fünf Jahre sein.
SPD-Politiker Demir positionierte sich am Donnerstag gegen den Versuch, die Frage der Doppelstaatsbürger wieder auf den Tisch zu bringen. Zwar müsse hart bestraft werden, wer Terroranschläge plane, aber: „Der Entzug der Staatsbürgerschaft gehört dabei aus guten Gründen nicht zu den möglichen Strafmaßnahmen.“ Und weiter: „Es darf keine Deutschen zweiter Klasse geben.“
Sturmgewehr und 300 Schuss Munition
Die Forderung nach einem Entzug des deutschen Passes ist auch deshalb heikel, weil sie an die Praxis Nazi-Deutschlands erinnert, unliebsamen Personen die Staatsbürgerschaft abzuerkennen. Dies traf zunächst Regimegegner*innen, dann auch Juden*Jüdinnen, die vor dem zunehmenden antisemitischen Staatsterror flohen. Bei der Deportation in die Vernichtungslager im besetzten Osteuropa entzog Nazi-Deutschland später allen deutschen Juden*Jüdinnen automatisch ihre Staatsangehörigkeit.
Jurist*innen und Philosph*innen betonten nach Kriegsende die Bedeutung der Staatsbürgerschaft als Grundbedingung für Schutz vor willkürlicher Gewalt. Hannah Arendt sprach in diesem Zusammenhang vom grundlegenden „Recht, Rechte zu haben“, das an Staatsbürgerschaft gekoppelt sei.
Bislang ist aber gar nicht klar, ob die drei am Mittwoch Festgenommenen überhaupt eine Doppelstaatsbürgerschaft haben. Bei ihnen handelt es sich nach taz-Informationen um einen 36-Jährigen und einen 44-Jährigen mit deutschem Pass, sowie einen 43-Jährigen, dessen Staatsangehörigkeit derzeit unklar ist. Zwei von ihnen wurden im Libanon, einer in Syrien geboren.
Die drei waren am Mittwoch bei der Übergabe eines Sturmgewehrs vom Typ AK47 in Berlin-Moabit festgenommen worden, nach taz-Informationen hatten sie außerdem 300 Schuss Munition und eine Pistole dabei. Auch in Leipzig und im nordrhein-westfälischen Oberhausen gab es Durchsuchungen im Zusammenhang mit den Festnahmen. Die Bundesanwaltschaft wirft den drei Männern vor, im Auftrag der Terrororganisation Hamas gehandelt zu haben und Anschläge auf israelische und jüdische Ziele in Deutschland geplant zu haben. Sie sollen in Kontakt mit einem mutmaßlichen Drahtzieher im Ausland gestanden haben. Die Hamas streitet in einer Mitteilung aber jede Verbindung zu den Männern ab.
Bei der Hamas handelt es sich um eine islamistische und antisemitische Terrororganisation aus Palästina, die seit den 1980er Jahren einen bewaffneten Kampf gegen Israel führt, dessen Vernichtung sie anstrebt. Am 7. Oktober 2023 richteten ihre Kämpfer in Südisrael ein Massaker an, dem insgesamt rund 1.200 Menschen zum Opfer fielen, darunter etwa 900 Zivilist*innen. Die Islamisten entführten zudem weitere 250 israelische Zivilist*innen als Geiseln in den Gaza-Streifen. Seitdem tobt im Gazastreifen ein brutaler Krieg zwischen den Islamisten und der israelischen Armee.
In Berlin stehen derzeit noch drei andere Männer vor Gericht, denen ebenfalls vorgeworfen wird, Auslands-Operateure der Hamas zu sein. Sie wurden bereits Ende 2023 festgenommen und sollen Waffendepots in verschiedenen europäischen Länder aufgebaut haben. Ziel soll auch bei ihnen gewesen sein, Anschläge gegen jüdische und israelische Einrichtungen und Personen zu verüben. Mit einem Urteil wird gegen Ende des Jahres gerechnet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert