piwik no script img

Auf verlorenem PostenDer Shootingstar aus dem Ländle

Simon Pschorr hofft in Konstanz auf enttäuschtes grünes Stammklientel. Der Linke hat ambitionierte Ziele – aber im Moment noch keine Chance.

Am Bodensee ist gute Laune selbstverständlich: Simon Pschorr in Konstanz Foto: privat

Von außen betrachtet scheint die Linke im Landkreis Konstanz chancenlos. Bei den letzten Bundestags- und Landtagswahlen hat sie die Fünfprozenthürde nicht nehmen können, im Konstanzer Stadtrat sind sie zurzeit mit zwei Sitzen vertreten – von 40.

Der Wahlkreis ist in fester Hand der Grünen, die unter Ministerpräsident Winfried Kretschmann mit dunkelgrünem Anstrich die klassische Wähler*innenklientel der CDU anspricht. Seit 2016 ist diese Verbindung im Ländle auch als schwarz-grüne „Kiwi-Koalition“ Realität.

Simon Pschorr, 25-Jähriger Rechtsreferendar und Direktkandidat für die Linke im Wahlkreis Konstanz, sieht sich schon in den Bundestag einziehen. Denn für ihn steht Kiwi für den Glauben an das Gute im Kapitalismus – das ist ihm zu euphemistisch.

Der positive Nebeneffekt: Pschorr beobachtet, dass diese Koalition der Linken einige Trümpfe in die Hände spielt, denn viele der ursprünglich grünen Stammwähler*innen erhofften sich ein sozialeres Ländle. Dass die Linke in diesem Kartenspiel mitmischen kann, ist für Pschorr selbstverständlich.

Kaum Ortsverbände im Süden

Das sehe man vor allem an den Neueintritten: Gerade aus der bildungsbürgerlichen Schicht gebe es viele neue Mitglieder, sagt Pschorr. Doch die wohnen vor allem in den Universitätsstädten. Und das ist ein Problem für die Linke auf dem Land: Es fehlt an Ortsverbänden abseits von Konstanz und Singen. Erst langsam befinden sich weitere Ortsverbände im Aufbau.

Pschorrs Wahlkampfthemen: Erhalt ländlicher Arbeitsplätze, bessere Gesundheitsversorgung im Landkreis und, das Bindeglied, eine bessere Infrastruktur. Der Landkreis Konstanz wird es nötig haben. Die Stadt ist so schlecht angebunden wie kaum eine andere. Pschorr sieht seine Aufgabe darin, diese strukturellen Probleme zu lösen oder zumindest anzugehen.

Ob sein Optimismus dafür ausreicht, wird sich in drei Wochen zeigen. Der angehende Jurist möchte einen politischen Kulturwandel verkörpern – jung, dynamisch, links. Die Dynamik muss man in seinen Videokommentaren zu den Wahlen jedoch suchen. Genau die braucht er aber, denn auf der Landesliste steht er nicht.

Auf aufsteigendem Ast

Trotzdem sieht sich Pschorr und die Linke in seinem Wahlkreis nicht auf verlorenem Posten. Im Gegenteil: „Wir befinden uns hier auf dem aufsteigenden Ast“, sagt er. Nach schwäbischer Schaffermanier steckt er sich ambitionierte Ziele.

Sowohl im Bund als auch im Wahlkreis seien 10 Prozent realistisch. Denn „motivierende Ziele braucht man, und das motiviert.“ 2011 bescherte er der Linken in der Stadt Konstanz einen Wahlzuwachs von 1,8 Prozent – sein Optimismus gleicht dem eines Shootingstars, ob er aber alsbald verglüht, wird sich zeigen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!