piwik no script img

Atomverhandlungen mit dem IranLawrow verlässt Gespräche

Eine Einigung im Atomstreit wurde in Lausanne nicht erzielt, aber Fortschritte. Die Gruppe will weitermachen. Aber offenbar ohne den russischen Außenminister.

Von Washington nach Lausanne: US-Präsident Obama im Gespräch mit seinem Außenminister John Kerry. Bild: dpa/White House, Pete Souza

LAUSANNE ap/afp | Die hartnäckigen Atomverhandlungen der sechs Weltmächte mit dem Iran sind trotz des Ablaufs einer gesetzten Frist in der Nacht zum Mittwoch fortgesetzt worden. Die Außenminister der sieben beteiligten Nationen versuchten mit ihren Delegationen im schweizerischen Lausanne bis zum Mittwochmorgen, bestehende Ungereimtheiten zu lösen. Zuvor waren sie nach sechstägigen Marathonverhandlungen übereingekommen, dass mehr Zeit benötigt werde, um eine Einigung zu erzielen.

US-Außenamtssprecherin Marie Harf sagte, es habe genügend Fortschritte gegeben, um eine solche Verlängerung zu rechtfertigen. Dennoch müssten weiterhin „einige schwierige Dinge“ überbrückt werden, sagte sie, ohne Details zu nennen. Außenminister John Kerry wollte die Gespräche eigentlich am Dienstag verlassen, blieb aber auch noch am Mittwoch. Neben den USA und dem Iran sitzen Russland, China, Großbritannien, Frankreich sowie Deutschland mit am Verhandlungstisch.

Für Verwirrung sorgte der russische Außenminister Sergej Lawrow. Der behauptete, es gebe eine Übereinkunft. Seiner Erklärung widersprach jedoch kurz darauf ein westlicher Diplomat. Am Mittwochmorgen verließ er die Verhandlungen dann. Dies teilte sein Ministerium am Mittwoch in Moskau mit.

In Washington sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest: „Wenn wir Fortschritte in Richtung der Ziellinie machen, sollten wir (die Gespräche) in Gang halten.“ US-Präsident Barack Obama sprach am Dienstagabend in einer Videokonferenz mit Kerry und anderen Mitgliedern seines nationalen Sicherheitsteams, darunter Vizepräsident Joe Biden und Verteidigungsminister Ash Carter.

Ziellinie 30. Juni

Nach mehr als zehn Jahren der diplomatischen Bemühungen um eine Einigung im Atomstreit mit Teheran wurden die Gespräche bereits zweimal verlängert. Die Verhandelnden hatten sich zuletzt eine Frist bis Dienstag um Mitternacht gesetzt, um ein Rahmenabkommen für Teherans umstrittenes Nuklearprogramm zu erreichen. Bis 30. Juni soll ein endgültiges und dauerhaftes Abkommen stehen.

Die fünf UN-Vetomächte und Deutschland wollen sicherstellen, dass Teheran sein Atomprogramm nicht zum Bau von Nuklearwaffen nutzen kann. Der Iran sagt, er wolle das Programm nur in den Bereichen Energie, Wissenschaft, Industrie und Medizin nutzen, und strebt ein Ende von Wirtschaftssanktionen an.

Dauer des Abkommens strittig

Im Laufe des Dienstags hatte es noch Optimismus unter den Teilnehmern gegeben, dass die Frist eingehalten werden könne. Dabei zeichnete sich aber bereits ab, dass das Rahmenabkommen kein Durchbruch sein würde, sondern eine eher vage gehaltene Erklärung.

Bei den Verhandlungen in den vergangenen sechs Tagen in Lausanne gab es in einigen Punkten Annäherung zwischen den Seiten, etwa bei der Urananreicherung. Es wurde aber nach wie vor unter anderem darüber gestritten, wie lange das Abkommen letztlich gelten soll, wann welche Sanktionen gegen Teheran aufgehoben werden und inwieweit der Iran hochmoderne Zentrifugen entwickeln darf, wie es aus Kreisen von Unterhändlern hieß.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu warnte am Dienstag erneut davor, dass ein Abkommen mit Teheran einen Großteil der dortigen Infrastruktur für den Bau von Atomwaffen intakt lasse, darunter Untergrundinstallationen, einen Plutoniumreaktor und hochleistungsfähige Zentrifugen für die Anreicherung von Uran.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Die einst so aktiven AKW-Gegner liegen anscheinend in einem kollektiven Tiefschlaf. Wie ist es sonst zu erklären, dass sich kein einziger von ihnen zum Thema „Atomdeal mit dem Iran“ zu Wort meldet, geschweige denn eine Demo zur Unterstützung der iranischen Kampfgefährten veranstaltet?

     

    Dabei war es doch immer gemeinsame Überzeugung, dass sowohl die militärische, als auch die zivile Nutzung der Atomkraft die Menschheit in Gefahr bringt, siehe Hiroshima, Nagasaki, Tschernobyl, Fukushima!

     

    In einer Zeit, in der immer mehr Staaten mit gutem Grund aus der zivilen Nutzung der Kernkraft AUSSTEIGEN, soll der Iran mit voller Kraft EINSTEIGEN dürfen? Geht’s noch?

     

    Es wird wohl kommen, wie es kommen muss: Eines der nächsten Erdbeben im Iran wird ein dort befindliches Kernkraftwerk in Schutt und Asche legen und der atomare Fall-Out wird rund um die Welt ziehen, womöglich bis nach Deutschland.

     

    ERST DANN werden die deutschen Kernkraftgegner aufwachen! Zum Glück werden sie sofort den wahrhaft „Schuldigen“ beim Wickel haben: Die deutsche Bundesregierung! Weil sie nämlich im Rahmen der G5+1 zugestimmt hat, dass der Iran den Einstieg in die zivile Nutzung der Kernkraft fortsetzen darf!

     

    Und was haben die AKW-Gegner dagegen unternommen?

    • @Pfanni:

      Wer, ausser D, steigt denn aus der zivilen Nutzung der Kernkraft aus? Habe eher das Gefühl, dass sie global gesehen noch ausgebaut wird. Selbst in Japan! ist sie weiterhin ein fester Bestandteil der Energieplolitik.

      Der Ausstieg von D. war freiwillig und selbstbestimmt. Diese Selbstbestimmung muß natürlich auch allen anderen Staaten zugestanden werden.

      • @JensF:

        Auch Deutschland wäre nicht aus der Kernkraft ausgestiegen, hätte die AKW-Bewegung nicht in jahrelangem Kampf den Boden bereitet. Fukushima war dann nur noch der Auslöser. Österreich war sogar schon vorher ausgestiegen. So richtig „freiwillig und selbstbestimmt“ war die Sache also nicht!

         

        Eins der wichtigsten Argumente der AKW-Gegner war immer, dass atomare Verseuchung keine Ländergrenzen kennt. Tschernobyl hat es bewiesen. Noch heute sollte man z. B. in Bayern keine selbstgesammelten Pilze essen.

        Also geht es auch uns etwas an, wenn in einem Land, das genauso seismisch aktiv ist wie Japan, mit der Kernkraft „gebastelt“ wird.

         

        Von einer AKW-Bewegung im Iran hört man hierzulande nichts, die Mullahs lassen nichts nach außen dringen. Schon der ehemalige Präsident Achmaddinedschad hatte das iranische Atomprogramm zur „Sache der nationalen Ehre“ erklärt und somit die Atomgegner gewissermaßen zu Staatsfeinden erklärt.

        Deshalb sollte es für die AKW-Bewegungen in den anderen Ländern eine „Sache der internationalen Ehre“ sein, ihre iranischen Kampfgefährten nicht im Stich zu lassen!

  • "Die hartnäckigen Atomverhandlungen der sechs Weltmächte mit dem Iran..."

    Deutschland ist also eine Weltmacht, dies traut sich ja noch nichtmal die Blöd zuschreiben..., ;)