Atomverhandlungen mit dem Iran: Lawrow verlässt Gespräche
Eine Einigung im Atomstreit wurde in Lausanne nicht erzielt, aber Fortschritte. Die Gruppe will weitermachen. Aber offenbar ohne den russischen Außenminister.
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LAUSANNE ap/afp | Die hartnäckigen Atomverhandlungen der sechs Weltmächte mit dem Iran sind trotz des Ablaufs einer gesetzten Frist in der Nacht zum Mittwoch fortgesetzt worden. Die Außenminister der sieben beteiligten Nationen versuchten mit ihren Delegationen im schweizerischen Lausanne bis zum Mittwochmorgen, bestehende Ungereimtheiten zu lösen. Zuvor waren sie nach sechstägigen Marathonverhandlungen übereingekommen, dass mehr Zeit benötigt werde, um eine Einigung zu erzielen.
US-Außenamtssprecherin Marie Harf sagte, es habe genügend Fortschritte gegeben, um eine solche Verlängerung zu rechtfertigen. Dennoch müssten weiterhin „einige schwierige Dinge“ überbrückt werden, sagte sie, ohne Details zu nennen. Außenminister John Kerry wollte die Gespräche eigentlich am Dienstag verlassen, blieb aber auch noch am Mittwoch. Neben den USA und dem Iran sitzen Russland, China, Großbritannien, Frankreich sowie Deutschland mit am Verhandlungstisch.
Für Verwirrung sorgte der russische Außenminister Sergej Lawrow. Der behauptete, es gebe eine Übereinkunft. Seiner Erklärung widersprach jedoch kurz darauf ein westlicher Diplomat. Am Mittwochmorgen verließ er die Verhandlungen dann. Dies teilte sein Ministerium am Mittwoch in Moskau mit.
In Washington sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest: „Wenn wir Fortschritte in Richtung der Ziellinie machen, sollten wir (die Gespräche) in Gang halten.“ US-Präsident Barack Obama sprach am Dienstagabend in einer Videokonferenz mit Kerry und anderen Mitgliedern seines nationalen Sicherheitsteams, darunter Vizepräsident Joe Biden und Verteidigungsminister Ash Carter.
Ziellinie 30. Juni
Nach mehr als zehn Jahren der diplomatischen Bemühungen um eine Einigung im Atomstreit mit Teheran wurden die Gespräche bereits zweimal verlängert. Die Verhandelnden hatten sich zuletzt eine Frist bis Dienstag um Mitternacht gesetzt, um ein Rahmenabkommen für Teherans umstrittenes Nuklearprogramm zu erreichen. Bis 30. Juni soll ein endgültiges und dauerhaftes Abkommen stehen.
Die fünf UN-Vetomächte und Deutschland wollen sicherstellen, dass Teheran sein Atomprogramm nicht zum Bau von Nuklearwaffen nutzen kann. Der Iran sagt, er wolle das Programm nur in den Bereichen Energie, Wissenschaft, Industrie und Medizin nutzen, und strebt ein Ende von Wirtschaftssanktionen an.
Dauer des Abkommens strittig
Im Laufe des Dienstags hatte es noch Optimismus unter den Teilnehmern gegeben, dass die Frist eingehalten werden könne. Dabei zeichnete sich aber bereits ab, dass das Rahmenabkommen kein Durchbruch sein würde, sondern eine eher vage gehaltene Erklärung.
Bei den Verhandlungen in den vergangenen sechs Tagen in Lausanne gab es in einigen Punkten Annäherung zwischen den Seiten, etwa bei der Urananreicherung. Es wurde aber nach wie vor unter anderem darüber gestritten, wie lange das Abkommen letztlich gelten soll, wann welche Sanktionen gegen Teheran aufgehoben werden und inwieweit der Iran hochmoderne Zentrifugen entwickeln darf, wie es aus Kreisen von Unterhändlern hieß.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu warnte am Dienstag erneut davor, dass ein Abkommen mit Teheran einen Großteil der dortigen Infrastruktur für den Bau von Atomwaffen intakt lasse, darunter Untergrundinstallationen, einen Plutoniumreaktor und hochleistungsfähige Zentrifugen für die Anreicherung von Uran.
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