Atommüll in der Asse: Die Grube kann jederzeit absaufen

Den Atomkraftgegnern dauert die Rückholung des radioaktiven Mülls zu lange – doch wer bremst, können die Umweltschützer nur vermuten.

Im maroden Bergwerk Asse lagern Unmengen Atommüll – und wie es aussieht, wird sich das so bald nicht ändern. Bild: dpa

HANNOVER taz | Im Streit über die Rückholung des Atommülls aus dem maroden Bergwerk Asse haben Atomkraftgegner das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) erneut massiv kritisiert. Die Arbeiten zur Bergung der rund 126.000 Fässer mit radiaoaktivem Müll, der in den sechziger und siebziger Jahren in die vom Absaufen bedrohte Salzgrube gekippt wurden, liefen viel zu langsam, so Udo Dettmann.

Er ist Sprecher des Asse-II-Koordinierungskreises, in dem verschiedenste Bürgerinitiativen, Kirchengemeinden sowie Ortsverbände von SPD und Grünen organisiert sind. „Irgendwer bremst die Rückholung“, so der Ingenieur zur taz. „Wir wissen nur nicht, ob die Bremser im BfS, im Bundesumweltministerium oder in der Atomlobby sitzen.“

Die 1965 zum „Forschungsbergwerk“ erklärte Asse sorgt seit 2008 immer wieder für Schlagzeilen, nachdem dort strahlende Laugen gefunden wurden. Grund dafür ist, dass die Gesellschaft für Strahlenforschung (GSF) als einstiger Betreiber radioaktives Material in bis zu 750 Meter Tiefe lagerte. Die Atommüllfässer waren aber von Anfang an nur als Transportbehälter gedacht und wurden beschädigt. Schutz vor Strahlung sollte das Salz bieten – entsprechend wurde das Vergraben von schwach- und mittelradioaktiven Stoffen wie Laborabfällen, Schutt, Schrott und Schlämmen flapsig „einpökeln“ genannt. Doch Salz allein reicht nicht aus.

2010 beschloss die Bundesregierung deshalb, den Atommüll, darunter auch mindestens 28 Kilogramm hochgiftiges Plutonium, wieder ans Tageslicht bringen zu lassen – schließlich drohen dem Bergwerk Asse II massive Wassereinbrüche: Die gesamte Salzgrube könnte damit instabil werden und zusammenbrechen; eine Bergung des Atommülls wäre dann unmöglich.

Schleppende Untersuchungen

Das zuständige BfS beschleunige die Rückholung jedoch nicht, sondern behindere sie, klagt Atomkraftgegner Dettmann. So würden Drainageabflüsse zur Stabilisierung zubetoniert. In den Endlagerkammern sammle sich nun noch mehr Wasser, das Radionuklide löse – täglich strömen etwa 12.000 Liter Flüssigkeit in die Grube.

Unklar sei auch, warum Untersuchungen der Kammern noch immer nicht abgeschlossen seien, kritisiert auch Andreas Riekeberg, wie Dettmann Sprecher des Koordinierungskreises. Für das Anbohren von zwei Lagerstätten seien 2010 drei Jahre vorgesehen gewesen. Fünf Jahre später sei erst eine Kammer untersucht worden. Außerdem sei unverständlich, warum das BfS für den Bau eines für die Rückholung nötigen zusätzlichen Förderschachts 18 Jahre veranschlage – die Atomkraftgegner halten dafür nur sieben Jahre für nötig.

Eine Sprecherin des BfS wies die Vorwürfe des Koordinierungskreises gegenüber der taz zurück. Die Behörde arbeite „selbstverständlich“ weiter am „gesetzlichen Auftrag“ der Bergung des Atommülls, die nach aktuellen Schätzungen frühestens 2033 abgeschlossen werden soll. Viel zu spät sei das, warnt dagegen der Ingenieur Dettmann: „Die Asse kann jederzeit absaufen – und das in wenigen Tagen.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.