Atommüll-Endlager in Deutschland: Auf der Suche
Bis 2031 soll ein Standort für ein Atommüllendlager gefunden sein. Derzeit reisen zwei Bundesbehörden durch das Land und werben für das Verfahren.
Denn ein solcher Ort muss gefunden werden. So schreibt es das sogenannte Standortauswahlgesetz vor. Noch ist die Landkarte, auf der das Endlager irgendwann eingezeichnet sein wird, weiß. Ziel sei der „bestmögliche Standort“, wie Wolfram König, Präsident des Bundesamtes für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE), es ausdrückt. Er war am Montag nach Hannover ins Museum gekommen, um zwischen Zeittafeln und Ausstellungsstücken wie Alukochtop, Schlafsack und Wandergitarre die Bürger*innen zu informieren.
Das BfE, eine im Zuge des Atomausstiegs 2014 gegründete Behörde, ist für die Endlagersuche zuständig und will dabei die Öffentlichkeit miteinbeziehen. Und zwar „fair und auf Augenhöhe“, wie König erklärte. Deswegen war er vorher schon in Kiel, Schwerin und Potsdam. Später geht es nach München, Magdeburg und Stuttgart. Jetzt aber erst einmal Hannover, knapp 160 Kilometer entfernt von Gorleben.
Dort, im Wendland, wo zwischen 1979 und 2011 immer wieder erbitterte Kämpfe zwischen Atomlobby und Atomkraftgegner*innen tobten, dürfte König wenig willkommen sein. Die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg (BI) kritisiert die Endlagersuche und bezeichnet das BfE als „politisch agierende Behörde und nicht als Regulierungsbehörde, die allein dem Gesetz verpflichtet ist“. Damit meint die BI, dass der Salzstock Gorleben, der bis vor Kurzem als Endlager erkundet wurde, weiterhin im „Endlagersuchetopf“ enthalten sei. Der Salzstock sei aber völlig ungeeignet, Atommüll sicher zu lagern, erklärt die BI.
Stefan Staudt, Geschäftsführer Bundesgesellschaft für Endlagerung
Infolge der Endlagersuche wurde die Erkundung im Salzstock Gorleben eingestellt und der Betrieb heruntergefahren. Derzeit werden bundesweit verschiedene Orte unter- und überirdisch erforscht, darunter Flächen mit Salz, Tongestein und kristallinem Gestein, also Granit. Dafür werden Geodaten abgefragt, es wird gebohrt und gemessen. In Niedersachsen sind sowohl Salz als auch Tongesteine zu finden, Granit gibt es vor allem in Süddeutschland und in Sachsen.
„Die weiße Landkarte soll im Spätsommer 2020 eingefärbt sein“, sagte Stefan Studt, Geschäftsführer der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE). Bis 2031 soll ein Standort genannt sein, 2050 könnte es dort „erste Einlagerungen“ geben. Völlig unklar sei noch, wie groß die Flächen dafür sein könnten.
König und Studt betonten immer wieder, dass die Suche „ergebnisoffen“ sei. Ausgeschlossen seien Gebiete, in denen intensiver Bergbau betrieben werde oder Regionen mit Erdbebengefahr. Die einzige Festlegung, die König und Studt am Montagabend treffen wollten, lautet: Der Atommüll soll in einer „tiefen geologischen Schicht“ gelagert werden. Eine oberflächennahe Lagerung, um später möglicherweise leichter an den Atommüll heranzukommen, sei ausgeschlossen.
Im Mai war der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies, SPD, nach Finnland gereist, auf die dünn besiedelte Insel Olkiluoto vor der Westküste des Landes. Dort entsteht gerade das erste weltweit genehmigte Endlager für hochradioaktiven Atommüll. Die Reise, die Finnen und ihre Art, das Atommüllproblem zu klären, haben Lies offensichtlich beeindruckt. Nach seiner Rückkehr sagte er: „Den Finnen ist es gelungen, einen Endlagerstandort im gesellschaftlichen Konsens zu finden und in Rekordzeit eine sichere Einlagerung zu gewährleisten.“
Ein Bundesland dürfte diese Worte besonders ungern gehört haben: Bayern. Das Land wehrt sich vehement gegen ein Endlager und hat das sogar im Koalitionsvertrag festgehalten: „Wir sind überzeugt, dass Bayern kein geeigneter Standort für ein Atomendlager ist.“ Meinen BfE und BGE ihre Ankündigungen ernst, sollte Bayern mit allem rechnen. Denn das finnische Endlager, das Niedersachsens Umweltminister Lies so lobt, wird in Granit gebaut. Und der ist in Bayern reichlich vorhanden.
Die Infoveranstaltung von BfE und BGE am Montagabend war gut besucht, die Suche nach einem Endlager trifft die Menschen ins Mark. Manche blieben vor den Vitrinen stehen und versuchten sich auszumalen, wie ihre Enkel und Urenkel wohl leben werden.
Die BI indes, die gemeinsam mit dem Museum die Ausstellung konzipiert und die Exponate zur Verfügung gestellt hat, ist sauer. Sie darf keinen Infoabend abhalten. Begründung: Eine politische Diskussion ist unerwünscht. „Das BfE vor unserer Kulisse“, sagt BI-Sprecher Wolfgang Ehmke, „das tut schon weh.“
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