Atomagentur räumt Kernschmelze ein: Erste Fotos aus den Reaktoren
Die Kernschmelze zugegeben und mit Robotern eine hohe Strahlung gemessen: Die Lage an den havarierten Reaktoren in Fukushima wird zumindest transparenter.
BERLIN taz | Zum ersten Mal seit der Bebenkatastrophe vom 11. März gibt es Fotos aus dem Inneren der havarierten Reaktoren zu sehen. Tepco, der Betreiber der AKWs bei Fukushima, gab sie heraus, nachdem am Montag ein ferngesteuerter Roboter auf Gummilaufketten erstmals in die verstrahlten Gebäude der Blöcke 1 bis 3 gelangte.
Innen sieht man herumliegende Betonbrocken oder auch einen aufgesprungenen Schaltkasten. Überrascht wurden die Tepco-Ingenieure von einer weit offen stehenden Tür im Inneren des Reaktorgebäudes 3. Durch das üblicherweise geschlossene Tor werden schwere Maschinenteile ins Gebäude gefahren.
Im Reaktor 2 hängt ein Rohr von der Decke. Zum eigentlichen Druckbehälter drang der Roboter nicht vor, weil die hohe Luftfeuchtigkeit von 99 Prozent die Linse der Kamera beschlagen ließ, hieß es. Außerdem habe im Block 3 Schutt den Weg versperrt. Beim japanischen Fernsehsender NHK finden sich Bilder, die der Roboter gemacht hat.
Erstmals hat die japanische Atomagentur Nisa offiziell zugegeben, dass die Reaktorkerne teilweise geschmolzen sind. Allerdings nur vage: "Mehr als drei Prozent" der Brennelemente seien geschmolzen, hieß es am Montagabend. Eine vollständige Schmelze hält Regierungssprecher Yukio Edano allerdings für "unwahrscheinlich, wenn wir die Kühlung aufrechterhalten".
Schon vor den Bildern hatte Tepco die enorm hohen Strahlenmesswerte im Reaktor bekannt gegeben: Wenige Meter im Inneren des Reaktors 3 stieg der Wert auf 57 Millisievert pro Stunde – selbst die hohen erlaubten Dosen für die japanischen Atomarbeiter sind so schon nach vier bis fünf Stunden erreicht. Die Messwerte direkt am Reaktorcontainment dürften noch wesentlich höher liegen.
110 Schulen sind zerstört
Im Reaktor 1 war es nicht ganz so unwegsam. Da kam der Roboter weiter voran, die Messwerte stiegen bis auf 49 Millisievert pro Stunde. Für den nach Vermutungen am stärksten beschädigten Druckbehälter, den des Meilers Nummer 2, liegen der Öffentlichkeit keine Messwerte aus dem Gebäude vor.
Der staatliche japanische Fernsehsender NHK hat die Zahl der zerstörten Schulen im Bebengebiet mit 110 recherchiert. Mit dem neuen Schuljahr werden so Klassen von fast 60 Kindern in den unzerstörten Schulen nötig. Diese nehmen die anderen Schüler auf. 23 Schulen liegen in der evakuierten Zone. Ob und wo deren Schüler unterrichtet werden, ist noch unklar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Kohleausstieg 2030 in Gefahr
Aus für neue Kraftwerkspläne
Syrien nach Assad
„Feiert mit uns!“