Asylsuchende in Deutschland: Hilfe bei der Hilfe

Bund und Länder einigen sich auf Lastenteilung. Doch Sachsen ätzt gegen die Unterstützung von Asylsuchenden aus anderen Ländern als der Ukraine.

Geflüchtet vor Zelten und hinter einem roten Absperrband

Vor Zelten der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt, Brandenburg Foto: Patrick Pleul/dpa

BERLIN taz | Der Deutsche Städtetag kritisiert die Einigung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Mi­nis­ter­prä­si­den­t*in­nen als unzureichend. Die Beschlüsse zur Aufnahme Geflüchteter blieben „weit hinter den Erwartungen der Städte zurück“, sagte Präsident Markus Lewe am Donnerstag. Gerd Landsberg vom Städte- und Gemeindebund forderte von den Ländern einen „Masterplan zum massiven Ausbau der Erstaufnahmeeinrichtungen“, um Geflüchtete „gut unterbringen und versorgen zu können“. Die Kommunen seien an der Grenze ihrer Unterbringungsmöglichkeiten.

Am Mittwoch hatten der Kanzler und die Lan­des­re­gie­rungs­che­f*in­nen sich nach monatelangen Diskussionen darauf geeinigt, dass der Bund den Ländern für die Jahre 2022 und 2023 jeweils 1,5 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung stellt. Diese sind explizit für die Versorgung der Geflüchteten aus der Ukraine vorgesehen. Für Menschen aus anderen Herkunftsländern soll es ab 2023 jährlich eine Pauschale von 1,25 Milliarden Euro geben. Vorherige Vereinbarungen zu einer Beteiligung des Bundes waren Ende 2021 ausgelaufen.

„Das ist eine gute Verständigung, die uns in die Lage versetzt, die Aufgaben zu bewältigen, vor denen wir alle in dieser Hinsicht stehen“, konstatierte Scholz am Mittwochabend. Die dauerhafte Unterstützung sei ein „ganz wichtiges, zentrales Element“, hob auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hervor. Mit dem Geld sollen vor allem die Kommunen unterstützt werden.

Deutlich destruktivere Töne schlug das schwarz-rot-grün regierte Sachsen an. „Mit Sorge“ stelle man fest, dass die Zahl der Geflüchteten vor allem aus dem Mittleren Osten und Nordafrika „stark und schnell“ ansteige, heißt es in einer Protokollerklärung des Landes. Der Bund müsse seiner „Steuerungsfunktion wieder nachkommen“. Für den CDU-geführten Freistaat heißt das: keine freiwillige Aufnahme im Rahmen des EU-Solidaritätsmechanismus, keine weiteren Bundesaufnahmeprogramme – und: Abschiebungen, Abschiebungen, Abschiebungen.

Bisher rund eine Million Geflüchtete aus der Ukraine

Karl Kopp von Pro Asyl entrüsten solche Erklärungen. „Die Politik muss aufhören, solche toxischen Asyldebatten zu führen und eine Gruppe von Geflüchteten gegen andere auszuspielen“, sagte er der taz. „Sonst brauchen wir uns nicht wundern, dass der rechte Mob noch bestärkt wird und Unterkünfte für Geflüchtete angreift und niederbrennt.“

Die menschenwürdige Unterbringung so vieler Menschen sei eine Herausforderung, aber sie müsse organisiert werden, so Kopp. Das Problematisieren der Asylanträge von Nichtukrai­ne­r*in­nen aber sei nicht gerechtfertigt. Deren Zahl bewege sich auf einem üblichen Niveau.

Deutschland hat bisher rund eine Million Schutzsuchende aus der Ukraine registriert. Zusätzlich wurden von Januar bis September diesen Jahres insgesamt rund 135.000 Asyl-Erstanträge gestellt – ein Anstieg von 34,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Allerdings waren Fluchtbewegungen in den vergangenen Jahren weltweit durch strenge Coronaregeln eingeschränkt. Vergleicht man die aktuellen Zahlen mit dem gleichen Zeitraum im Jahr 2018, schmilzt der Anstieg auf gerade noch 8,4 Prozent.

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