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Asylbewerber aus AfghanistanSammelabschiebung geplant

Der Bundesinnenminister bezeichnet die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber nach Afghanistan als vertretbar. Die Berliner Opposition protestiert.

Bundesinnenminister de Maiziére und der afghanische Präsident Ghani im Gespräch Foto: ap

München dpa | Etwa 50 Afghanen sollen noch am Mittwochabend vom Münchner Flughafen aus in ihr Heimatland abgeschoben werden. Das sagte am Morgen eine Sprecherin der Polizei Oberbayern auf Anfrage. Es ist bereits die dritte Sammelabschiebung von abgelehnten Asylbewerbern seit Ende vergangenen Jahres.

Der Bayerische Flüchtlingsrat hat zu einer Protestaktion aufgerufen. Die abgelehnten Asylbewerber sollen mit einem Flugzeug in die afghanische Hauptstadt Kabul gebracht werden. Zuvor hatte der Bayerische Rundfunk über die geplante Abschiebung berichtet.

Seit Tagen gibt es Streit um die Abschiebungen nach Afghanistan. Die Opposition im Bundestag und Flüchtlingsorganisationen wenden sich scharf gegen die vom Bund geführte Aktion. Aus ihrer Sicht ist Afghanistan kein sicheres Land. Mehrere Bundesländer lehnen daher auch eine Beteiligung an der Aktion ab.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte zuletzt die Abschiebungen als „vertretbar“ verteidigt. In den ARD-„Tagesthemen“ sagte er (Montag), dies gelte unter anderem für den Norden des Landes. „Auch in Kabul kann man nicht sagen, dass dort insgesamt die Lage so unsicher ist, dass man die Leute da nicht hinschicken könnte.“

De Maizière kritisierte außerdem rot-grün regierte Bundesländer, die nicht nach Afghanistan abschieben wollen. Schleswig-Holstein etwa erklärte einen dreimonatigen Stopp.

Der Bayerische Flüchtlingsrat protestierte vehement gegen die Abschiebungen. Diese seien „absolut unmöglich“, sagte Sprecher Stefan Dünnwald dem Bayerischen Rundfunk. Der Flüchtlingsrat rief zu einer Protestaktion auf. Gegen 19 Uhr soll es am Flughafen München eine Demonstration geben, die Organisatoren erwarten rund 300 Teilnehmer.

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16 Kommentare

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  • Was ich mich frage, ist, ob es keine persönlichen zivilgesellschaftlichen Möglichkeiten gibt, dies zu verhindern. Es müsste diesem Staat doch egal sein, wenn jemand sagt: "Dieser Bürger darf bleiben. Er ist mein Gast."

    Darf ich in der BRD nicht mehr beherbergen, wen ich will? Warum gibt es diesbezüglich keine organisierten Hilfsmöglichkeiten? Bei der hochgepriesenen Willkommenskultur im Sommer vor zwei Jahren wollte doch jeder dabei sein. Wo sind die Leute jetzt?

    • @Age Krüger:

      Ganz so einfach ist das nicht, sind schon ein paar Punkte :

       

      - Ihr Gast sollte schon legal nach Deutschland eingereist sein, das wird (aufgrund der faktischen fast Unmöglichkeit für einen Asylbewerber nicht aus einem sicheren Drittland gekommen zu sein) schon schwer sein.

       

      - Dann hat ihr Gast einen Antrag auf Asyl gestellt, was bedeutet er hat behauptet er würde konkret politisch verfolgt zu Hause. Dies ist abgelehnt worden, daher der Ausreisebescheid, den er ignoriert hat, daher die Abschiebung. (Ja auch das passiert, weil er keine andere Wahl hat, aber ein richtiges Einwanderungsrecht wollen ja auch die Linken nicht)

       

      - Wie wir an den 2 Punkten darüber sehen hat ihr Gast nun eigentlich schon 2-3 mal gegen die Regeln unseres Staates verstossen, er wird auch keine Sprachkurse bekommen, keine Arbeitsgenehmigung, keine Geldmittel, kurzum nichts. Das einzige was er tun kann ist bei Ihnen wohnen und sich von ihnen aushalten lassen. (Genau das tut ein Gast gewöhnlich auch auf Dauer seines Aufenthalts, der daher fast immer imminent befristet ist)

       

      - Und oh natürlich haben sie recht, es war ganz toll letzten Sommer sich ans Bahngleis zu stellen , oder nen paar Tuben Zahnpasta zu spenden, aber darüber hinaus ? Echte Hilfe? Knochenjob, undankbarer noch dazu. In der eigenen Firma einen einstellen? Ne, dass dann doch nicht. Und dann sind die auch nicht alle so cute kleine Flüchtslingskinder.

    • @Age Krüger:

      Wieviel Flüchtlinge leben denn auf ihre Kosten hier in Deutschland?

      Auf IHRE Kosten - nicht auf die der Allgemeinheit?

  • Die einzig sichere Gegend in Afghanistan ist der Wachan-Korridor, dieser schmale Landstreifen im äußersten Nordwesten, zwischen Tadschikistan und Pakistan - ein Hochgebirgsland, wo schon die Täler und Ebenen zwischen 2500 und über 4000 Meter hoch liegen, die Berge erreichen bis zu 7500 Meter (Noshaq). Nur in die tieferen Regionen im Westen ist etwas dürftiger Ackerbau möglich, weiter östlich gibt es nur noch Kältesteppe mit ein paar kirgisischen Nomadenlagern, entsprechend dünn ist die Besiedlung. Damit dort Zigtausende Neuankömmlinge überleben können müsste man dort die komplette Infrastruktur einer Hightech-Zivilisation aus dem Boden stampfen - was natürlich nicht passieren wird.

     

    Die nächstsichere Region wäre die Provinz Bamiyan - aber dort wohnen fast ausschließlich Hazara, und aufgrund ihrer Lage in Zentralafghanistan ist sie umgeben von mehr oder weniger talibanverseuchten Provinzen, also quasi von der Außenwelt abgeschnitten, selbst von Kabul aus ohne Lebensgefahr nur per Flugzeug erreichbar. Und auch Bamiyan ist klimatisch und topographisch nicht in der Lage, eine wesentlich größere Bevölkerung zu unterstützen...

    • @Yadgar:

      Korrektur: natürlich im äußersten Nordosten!

  • Mir ist immer noch übel...

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Mir wird schon wieder übel...

  • Ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit! Begangen von deutschen Politikern auf deutschen Boden!

    Man kann nur hoffen, dass die Geschichte irgendwann ein gerechtes Urteil über die für diese Untaten verantwortlich zeichnenden Politiker fällt, die sich nicht schämen, 72 Jahre nach Ende des Holocaust erneut Menschen einer offensichtlich vorhandenen Todesgefahr AUSZULIEFERN.

    SCHANDE über diese Herrschaften, die, um Wählerstimmen am rechten Rand "abzufischen", sich erblöden, in einem vom Bürgerkrieg zerrissenem Land, über "sichere Gebiete" zu fabulieren!

    MfG

    biggerB

  • "Auch in Kabul kann man nicht sagen, dass dort insgesamt die Lage so unsicher ist, dass man die Leute da nicht hinschicken könnte.“

    Und dass Deutsche Politiker auch grundsätzlich schusssichere Weste tragen wenn sie hinfahren, ist mehr ein modisches Statement.

  • Bekanntermaßen lehnen Bundesländer ja die Abschiebungen wegen Gefahren für Leib udn Leben der Flüchtlinge ab. Wenn diese Gefahren bestehen, verstoßen die Bundesländer ja auch gegen Verfassung und nationales und internationales Recht, wenn sie diese Mensen trotzdem abschieben?

     

    Und dann sagt ein Minister unter der Kanzlerin Merkel es sei vertretbar und dann basta? Diese regierung ist alles andere als menschenfreundlich. Das wird bemerkenswerter Weise aber behauptet, weil sie noch links von der AfD Positionen vertritt aber immer weiter nach rechts wandert.

    • @Celsus:

      "Bekanntermaßen lehnen Bundesländer ja die Abschiebungen wegen Gefahren für Leib udn Leben der Flüchtlinge ab. Wenn diese Gefahren bestehen, verstoßen die Bundesländer ja auch gegen Verfassung und nationales und internationales Recht, wenn sie diese Mensen trotzdem abschieben?"

       

      Sie machen den Fehler zu glauben, dass ein Land "für die anderen" entscheiden könnte, was sicher oder unsicher ist. Da es sich bei den Verfahren aber um Entscheidungen durch die Landesbehörden handelt (die in ihrem eigenen Ermessen die Sicherheit oder Unsicherheit zu beurteilen haben) ist es nur verständlich, dass die Länder zu unterschiedlichen Auffassungen gelangen.

       

      Rechtlich problematisch wäre es (erst) dann, wenn ein Land selbst die Unsicherheit feststellt, dann aber trotzdem abschiebt. Oder (aus anderen Gründen) die Sicherheit feststellt, dann aber nicht abschiebt. Menschenrechtlich ist nur die erste Konstellation relevant.

      • @Hanksson:

        Nein. Diesen Fehler mache ich nirgends. Bitte mal richtig lesen, was ich schrieb und was eben nicht.

  • „Auch in Kabul kann man nicht sagen, dass dort insgesamt die Lage so unsicher ist, dass man die Leute da nicht hinschicken könnte.“

    -Bundesinnenminister de Maiziére -

    --------------------------------------------------------

    Stimmt! http://www.ingenieur.de/var/storage/images/media/ingenieur.de/images/hugo-bilder/thomas-de-maiziere/2097926-1-ger-DE/Thomas-de-Maiziere.jpg

    Allerdings ist fraglich, WIE LANGE sie dort am Leben oder bei Gesundheit bleiben.

    MfG

    biggerB

  • Der Aktuelle trägt kein Nerzkäppi.

    Wieviele Mio. US$ erhält sein Land (er natürlich) per anno zum "Verteilen" ?

  • Sieht alles nach politischem Theater aus.

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