Arte-Doku „Kinder als Arbeitssklaven“: Die Allerbilligsten

Der Dokumentarfilm „Kinder als Arbeitssklaven“ von Hubert Dubois liefert eine Bestandsaufnahme der weltweiten Kinderarbeit – leider nur aus der Vogelperspektive.

Kleine Goldgräberin in Burkina Faso – 115 Millionen Kinder auf der ganzen Welt verrichten harte Arbeit. Bild: arte

Zwei indische Geschwister mit blutigen Fingern knien vor einer Werkbank. Sie sind vier und fünf Jahre alt und löten in einem Keller Glasperlen für türkisfarbene Armreifen. Mit diesen Bildern beginnt die Dokumentation „Kinder als Arbeitssklaven“ von Hubert Dubois. Der Franzose beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Kinderarbeit. In seinem neuen Film untersucht er, wie sich das weltweite Problem verändert.

Denn mit der Unterzeichnung der Konvention 182 der Internationalen Arbeitsorganisation ILO haben sich die Regierungen vieler Länder verpflichtet, bis zum Jahr 2016 die Ausbeutung von Kindern zu beenden. Doch Billigprodukte sind nur mit billigen Arbeitern möglich. Die Kinder selbst wissen ganz genau, warum sie in Minen und Mülldeponien arbeiten müssen und nicht Erwachsene: „Weil wir nicht so teuer sind.“

Laut ILO verrichten weltweit 115 Millionen Minderjährige gefährliche Arbeiten. Auf Kosten ihrer eigenen Entwicklung und Gesundheit müssen sie helfen, ihre Familie zu ernähren. Damit sinken ihre Chancen, eines Tages nicht mehr arm zu sein. Denn durch die Arbeit können sie nicht zur Schule gehen und sich für bessere Jobs qualifizieren.

Die Bilder von Kinderarbeitern aus Afrika, Lateinamerika und einigen Teilen Asiens sind erwartbar. Sie zeigen Kinder, die Steine klopfen, Müll sortieren und betteln. Umso überraschender ist der Blick in die USA. In North Carolina ernten kleine Mexikanerinnen bei drückender Hitze auf dem Feld Paprika. Denn Landwirtschaft gehört dort nicht zu den gefährlichen Arbeiten, die für Minderjährige verboten sind. Dubois sagt, dass sein Film eine Bestandsaufnahme sein soll. Gerade in der weltweiten Wirtschaftskrise will er an das Problem der Kinderarbeit erinnern. Das gelingt dem Regisseur. Und sein Film beeindruckt mit Szenen, in denen Aktivisten unter Gefahr für ihr eigenes Leben versuchen, Kinder aus den Mafia-Strukturen der Kinderarbeit zu befreien.

Leider kommt der Regisseur den Betroffenen jedoch nicht besonders nah. Mit seinem dokumentarischen Rundflug durch die Elendsgebiete dieser Welt, von Indien über die Dominikanische Republik bis nach Burkina Faso, nimmt er sich selbst die Chance, von den Kindern mehr als nur traurige Kulleraugen zu zeigen. Natürlich bejahen Zehnjährige die Frage, ob sie lieber in die Schule gehen würden statt zu arbeiten. Aber ob sich kleine Minenarbeiter überhaupt vorstellen können, dass es auch ein Aufwachsen ohne Arbeit geben kann, fragt Dubois nicht. Ähnlich oberflächlich betrachtet er die Familien der Kinder und ihre Lebensumstände nach „Feierabend“ - wenn das überhaupt eine Kategorie ist, die für Kindersklaven gelten kann.

Letztlich erstaunt der Optimismus des indischen Aktivisten Kaïlash Satyarthi, der mit dem Bündnis „Global March Against Child Labour“ gegen Kinderarbeit kämpft. Druck auf Konzerne und Regierungen und das Engagement von Hilfsorganisationen hätten immerhin dazu geführt, dass es heute weniger Kinderarbeit gibt als vor 30 Jahren. „Ich bin überzeugt, dass Kinderarbeit und Versklavung in naher Zukunft abgeschafft werden“, sagt er. Eine Aussage, die Hoffnung macht. Und die nach der erschreckenden Bilderflut leider nicht sehr aussichtsreich scheint.

„Kinder als Arbeitssklaven“: Dienstag, 29. Mai, 20.15 Uh, arte

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