Arte-Doku "Abgefackelt": Gas verbrennen, Öl verkaufen
Die Doku "Abgefackelt" zeigt, wie Konzerne bei der Ölförderung Ressourcen verschwenden. Verheerende Folge: Ein jährlicher CO2-Ausstoß von rund 500 Millionen Autos.
Gigantische Abfackelstationen, die Tag und Nacht brennen. Kranke und verkrüppelte Menschen, die in Baracken ihren baldigen Tod erwarten. Verseuchte Erde und giftige Gase, die die Luft der Dörfer verpesten und die Lungen der Leute im Nigerdelta belasten. Bilder, die sich ins Gedächtnis einbrennen. Schuld an diesen Umweltschäden ist das sogenannte "Gas Flaring" - oder auf Deutsch "Gasverbrennung". In der Dokumentation "Abgefackelt: Wie die Ölkonzerne unser Klima killen" zeigen die Filmemacher Inge Altemeier und Steffen Weber, warum die Ölkonzerne weltweit wertvolles Gas verbrennen und daran nicht gehindert werden. Ihr Film ist Teil des Arte-Themenabends "Schmutziges Öl", in dessen Rahmen auch die Dokumentation "Die BP-Story - Profit um jeden Preis" läuft, in dem der US-Journalist Greg Palast zeigt, welche Gebiete trotz großer Risiken für die Umwelt zur Ölförderung erschlossen werden und an welcher Geschäftspraxis sich der Ölriese BP bedient.
Durch "Gas Flaring" verpufft jährlich ein Drittel des gesamten europäischen Erdgasbedarfs. Doch das scheint den Ölförderunternehmen egal zu sein. Anstatt das Gas, das bei der Erdölproduktion an die Oberfläche befördert wird, zu nutzen, verbrennen sie lieber den Energieträger der Zukunft. Dadurch werden 400 Millionen Tonnen Treibhausgase freigesetzt - das entspricht dem jährlichen CO2-Ausstoß von rund 500 Millionen Autos. Ein Skandal, der bisher weitgehend von der Öffentlichkeit ferngehalten wurde.
Bei ihren Recherchen mussten die beiden Filmautoren feststellen, dass die Ölindustrie umweltfreundlichere Veränderungen ablehnt und sich das deutsche Umweltministerium für das Thema nicht zuständig fühlt. Russland, Europas wichtigster Öllieferant und größter Ölproduzent weltweit, stellt sich quer. Obwohl "Gas Flaring" von der EU verboten wurde, sträubt sich Russland, seine schmutzigen Goldgruben zu begraben. Dabei gibt es bereits ein Land, das eine Lösung gefunden hat: Ecuador ist der einzige Erdölproduzent, dem es gelungen ist, das Gasabfackeln zu beenden. Durch einen staatlichen Ölkonzern wird das Begleitgas in Strom umgewandelt und somit das Klima geschützt.
So einfach sich diese Methode auch anhört - auf Nigeria wäre sie jedoch kaum übertragbar. Laut Filmemacher Steffen Weber hat Nigeria kein Geld, um das Begleitgas zu bezahlen - und das Gas nach Europa zu exportieren wäre zu teuer. Daher setzen die Ölkonzerne in Nigeria lieber auf die billigste Variante: Das Gas verbrennen, das Öl verkaufen.
Auch Nimmo Bassey, der Vorsitzende von Friends of the Earth International, sieht momentan keine rosige und vor allem keine rußfreie Zukunft für Nigeria: "Der Ölreichtum hat Nigeria kein Glück gebracht. Viele Nigerianer haben bereits die Ölwüste verlassen oder sind an Folgeerkrankungen gestorben. Die Ölkonzerne werden nicht freiwillig bereit sein, die Gasverbrennung zu unterlassen." Die Ölmultis wie zum Beispiel Shell hätten mehr Macht im Land als die Regierung. Daher benötige Nigeria auch internationale Unterstützung, um die Gasfackeln endlich zu löschen und die Lebensdauer der Bevölkerung von durchschnittlich 42 Jahren zu verlängern, so Bassey.
Auch wenn das Thema nicht allzu populär ist, hat es laut Arte-Redakteurin Kathrin Bronnert nur fünf Minuten gedauert, um sie von diesem Projekt zu überzeugen. Schön wäre es, wenn es ebenso schnell gehen würde, die Ölkonzerne vom Abfackeln abzubringen.
Dienstag, 28. Juni, Arte, 21.05 Uhr
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