„Arisierungs“-Mahnmal in Bremen: Gedenken mit Sicherheitsabstand
Im Streit über den Platz des geplanten Mahnmals schlägt das Kulturressort einen Kompromiss vor. In sicherer Entfernung zu Kühne+Nagel.
Die taz als Initiator der Mahnmal-Initiative will einen Standort in direkter Nähe zum Bremer Unternehmenssitz von Kühne+Nagel. Auch die Bürgerschaft hatte schließlich einen Standort im Umfeld des Unternehmens beschlossen, das während des Zweiten Weltkriegs eine maßgebliche Rolle bei der sogenannten „Arisierung“ jüdischen Besitzes gespielt hatte: So transportierte die Spedition Möbel und anderen Besitz der aus Frankreich und den Benelux-Ländern deportierten Juden nach Deutschland.
Der nun vom Kulturressort favorisierte Standort des Mahnmals liegt etwa einen Kilometer weserabwärts im Stephani-Viertel vor einer Jugendherberge. Bremens „Stadtmöblierung“ sei sehr dicht und die Plätze für Mahnmäler rar, erklärt Kulturstaatsrätin Emigholz. Mit Verweis auf den eindeutigen Bürgerschaftsbeschluss sagt sie: „Ich halte die Nähe zu Kühne+Nagel für ausreichend.“
In Zusammenarbeit mit dem Bremer Staatsarchiv seien historisch geeignete Standorte herausgefiltert worden: Infrage wäre außerdem der Europahafen gekommen, wo die an der „Arisierung“ beteiligten Speditionen und Unternehmen ihren Sitz gehabt hätten. Die Entscheidung, das Mahnmal nicht in direkter Nähe zu Kühne+Nagel zu errichten, begründet die Staatsrätin so: „Das Mahnmal soll keinen Appellationscharakter an Einzelne haben“ – man wolle eben „nicht die gesamte Gesellschaft auf dem Rücken eines Einzelnen entlasten“. Um die Geschichte der „Arisierung“ und der beteiligten Unternehmen weiter aufzuarbeiten, will das Kulturressort nun mit Hilfe der Handelskammer, Verbänden und hiesigen Unternehmen ein Projekt zur Erforschung und Vermittlung des Themas auf den Weg bringen.
Wie genau das Projekt aussehen soll, an dem sich unter anderem auch Kühne+Nagel beteiligen will, wollte Emigholz noch nicht sagen.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott