NEUES AUS DEM KRIEG: Nylon
Aus ihm machen wir Zahnbürsten, Strumpfhosen oder Gitarrensaiten – Nylon. Im Jahr 1935 erfand der amerikanische Chemiker Wallace H. Carothers die erste vollständig synthetische Faser, bestehend aus Kohlenstoff, Wasser und Luft. Stellte die Firma DuPont zunächst vor allem Zahnbürsten aus Nylon her, ging der 16. Mai 1940, an dem erstmals vier Millionen Damenstrümpfe auf den regulären Markt kamen, als „N-Day“ in die amerikanische Geschichte ein. Mit dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg Ende 1941 avancierte Nylon zu einem wichtigen Rohstoff für die Herstellung von Fallschirmen für die Fliegerpiloten – japanische Seide war nach Pearl Harbor nicht mehr zu haben. Die Produktion für zivile Zwecke wurde eingeschränkt. Patriotische Frauenverbände starteten Sammelaktionen und spendeten dem Militär ihre Nylons. In Deutschland entwickelte die IG Farben 1938 ebenfalls eine Kunstfaser mit dem Namen „Perulan“, später bekannt als „Perlon“. Ihrem Erfinder Paul Schlack gelang es, das amerikanische Nylon in seinen Eigenschaften nachzuahmen, ohne jedoch das Patent zu verletzen. Die Erfindung wurde geheim gehalten. Perulan war als „militärisch wichtiges Material“ nur für die militärische Produktion gedacht. Flugzeugreifen, Fallschirme, Bürsten zum Reinigen von Waffen. Nur die Frauen der IG-Farben-Manager bekamen zu Weihnachten 1943 Perlonstrümpfe. Im Nachkriegsdeutschland nahmen Nylonstrümpfe aus amerikanischen Carepaketen eine wichtige Rolle als Währung auf dem Schwarzmarkt ein. DINAH RIESE
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