DIE DREI FRAGEZEICHEN: „Oft nur ein Bügelparcours“
GIRLS UND BOYS DAY Mehr Jungs als Erzieher? Dafür hat auch der Boys Day gesorgt. Heute sind Jungs wieder auf Schnupperkurs in Kitas und Mädchen in Autowerkstätten
■ 37, der Politikwissenschaftler ist Vorsitzender des genderorientierten Bundesforums Männer.
taz: Herr Schölper, heute ist nicht nur Girls Day, sondern auch Boys Day, das Pendant für Jungs. Wozu braucht es einen Tag, an dem Jungen an „Mädchenberufe“ herangeführt werden?
Dag Schölper: Mädchen kommen in den Genuss, alle möglichen Jobs kennenzulernen und sich fragen zu können, ob das auch was für sie wäre. Das ist für Jungs auch wichtig. Bei den Jungs geht es zudem nicht nur darum, sie an soziale und Pflegeberufe heranzuführen. Sondern auch um ein geschlechterpolitisches Konzept, um die Frage nämlich: Was für ein Mann will ich eigentlich sein? Wie definiere ich mich als Mann? Beim Girls Day geht es stärker um die reine Berufsorientierung und darum, den Fachkräftemangel zu beheben. Unabhängig davon strebt der Girls Day danach, dass Mädchen tatsächlich die gleichen Chancen haben wie Jungs.
Den Girls Day gibt es seit zehn Jahren, den Boys Day seit fünf Jahren. Was hat er bisher gebracht?
In Zahlen lässt sich das schwer ausdrücken. Ausnahme ist die Zahl der männlichen Erzieher. Für diese Berufsausbildung haben sich im vergangenen Jahr bundesweit 10.517 Jungen entschieden. Ein Jahr zuvor waren es noch 8.890. Die Wertschätzung für „jungenuntypische“ Berufe steigt. Mittlerweile ist das Interesse, mal ein Altenpflegeheim von innen zu sehen, sogar so hoch, dass die angebotenen Plätze vor allem in ländlichen Regionen nicht reichen. Manchmal bleibt für Jungs dann nur ein Bügelparcours übrig. Das klingt jetzt vielleicht lustig, für manche Jungs kann das auch bestätigend sein: Klar, wir können auch Haushalt. Der Boys Day will mehr: ran an die Geschlechterstereotype und deutlich machen, dass Care-Berufe besser bezahlt werden müssen. Egal wer sie ausübt.
Manifestieren Girls und Boys Day nicht genau diese Geschlechterstereotype?
Wenn man sagt, Friseurin und Verkäuferin sind klassische Frauenberufe, und Mechatroniker und Ingenieur sind typische Männerberufe, dann ja. Aber es geht darum, dass sich irgendwann niemand mehr fragt, ob dieser oder jener ein geschlechterspezifischer Beruf ist. Darüber nachzudenken, sollte ein ganz normales Angebot in der Schule sein.
INTERVIEW: PADDY BAUER
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