: Eine Elite ihres Fachs
Die Stiftung der Deutschen Wirtschaft bietet Lehramtsstudierenden eine Zusatzqualifikation an. Mit dem Wandel der Schulen müssen auch die Lehrer lernen, mehr Selbstverantwortung zu übernehmen
Die ersten 60 Lehramtstudierenden haben die Förderung der Stiftung der Deutschen Wirtschaft (sdw) in Kooperation mit der Robert Bosch Stiftung am „Studienkolleg – Begabtenförderung für Lehramtsstudierende“ begonnen. Ziel des Studienkollegs ist die Ausbildung und Unterstützung von Lehramtskandidaten mit pädagogischem Führungspotenzial. Das Förderprogramm und die Betreuung werden aus Mitteln der Robert Bosch Stiftung und weiterer Unterstützer finanziert. Die Stipendienleistungen stammen aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Die Organisation des Förderprogramms übernimmt die sdw, die auch die Seminare, Trainings und Akademien anbietet. KUL
Infos unter: www.sdw.org/studienkolleg
VON SVEN KULKA
Sie sollen einmal die Schulentwicklung vorantreiben: eine Elite ihres Fachs. Mit 60 Kollegiaten startete die Stiftung der Deutschen Wirtschaft (sdw) in Kooperation mit der Robert Bosch Stiftung jetzt das „Studienkolleg – Begabtenförderung für Lehramtsstudierende“.
Das Förderprogramm soll die künftigen Lehrer auf die Aufgaben, die die Eigenverantwortliche Schule mit sich bringt, vorbereiten. In Akademien, Seminaren und selbstständiger Projektarbeit lernen die Kollegiaten alles, was eine pädagogische Führungskraft ausmacht.
Unsere Schulen wandeln sich, sie erhalten immer mehr Eigenständigkeit und Selbstverantwortung. Das bedeutet, dass sich die Lehrkräfte künftig vielen unterschiedlichen Aufgaben stellen müssen: den Unterricht gestalten, den Unterricht entwickeln, Teams bilden, Projekte managen, das Budget und Fortbildungen planen oder Konflikte bewältigen. Das Aufgabenfeld ist fast so groß wie in einem mittelständischen Unternehmen. Eine wichtige Erkenntnis, die die Stiftung der Deutschen Wirtschaft in Kooperation mit der Robert Bosch Stiftung in ihrem Konzept des Studienkollegs umzusetzen versucht.
Die Lehramtsstudierenden haben nicht nur permanent Kontakt zu Betreuern in den Universitäten und zu den Schulleitern, sondern auch zu Vertretern der Wirtschaft. „Davon profitieren im Umkehrschluss Schulen und Wirtschaft gleichermaßen“, sagt Michael Baer, Bereichsleiter des Studienkollegs bei der Stiftung der Deutschen Wirtschaft.
Denn die Universitäten können Lehrer entsenden, die wissen, wie die Wirtschaft praktisch funktioniert. Ein Vorteil, weil sie dieses Wissen später an die Schüler weitergeben können, die wiederum diese Kenntnisse nach ihrer Schulzeit in den Unternehmen anwenden können.
Bei der Bewältigung dieser Managementaufgaben dürfen Lehrer wie Schulleiter aber nicht aus dem Blick verlieren, worum es im Wesentlichen geht: um die Bildung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen. Schulen sollen die Schüler auf das Leben und Arbeiten vorbereiten, sie zu mündigen Bürgern einer demokratischen Gesellschaft erziehen. Damit das geschieht, bietet die Stiftung der Deutschen Wirtschaft Akademien zur Schulentwicklung, Qualitätsentwicklung, Leitungs- und Führungsaufgaben in Schulen sowie Seminare über Konfliktmanagement, Präsentationstechniken oder den Umgang mit Menschen unterschiedlicher kultureller und sozialer Herkunft an. Veranstaltungen zu aktuellen gesellschafts- und bildungspolitischen Themen runden das Programm ab.
Eine Lücke im System: Warum ist das Förderprogramm nötig? Sind die Länder nicht in der Lage, selbst für eine bessere Qualität der Lehre an den Hochschulen zu sorgen? Laut einer repräsentativen Umfrage des Hochschul-Informations-Systems (HIS) kritisieren unter den deutschen Studenten vor allem die Lehramtsstudierenden ihr Studium. Besonders schlecht bewerten sie die Organisation ihres Studiums, etwa die Möglichkeit, an Pflichtveranstaltungen teilzunehmen. Auch die pädagogischen Fähigkeiten ihrer Professoren beurteilen sie weit schlechter als Kommilitonen anderer Studiengänge.
„Bisher werden angehende Lehrkräfte wenig auf die steigenden Anforderungen im Bildungswesen vorbereitet“, sagt Michael Baer. Gerade in der Förderung von Nachwuchsführungskräften an Schulen fehle ein Ausbildungsangebot. Wer sich um ein Stipendium bewerben möchte, solle daher auch unbedingt Begeisterung für Schul- und Unterrichtsentwicklung mitbringen.
Eine Art Elite ihres Fachs sollen sie werden. Eine Elite, die dem Lehrer zu einem besseren Image in der Gesellschaft verhelfen soll. „Das Studienkolleg qualifiziert die jungen Pädagogen schon in der alles entscheidenden Studienphase. Es bereitet sie auf ein erfolgreiches Handeln in Erziehung, Unterricht und Schulentwicklung vor“, sagt Günter Gerstberger. Der Leiter des Programmbereichs Bildung und Gesellschaft der Robert Bosch Stiftung ist davon überzeugt, dass die angehenden Lehrer später einmal die Schulreform vorantreiben werden.
Joachim Haupt, studiert im fünften Semester Physik und Mathe mit dem Ziel, Lehrer zu werden. Er ist wie weitere 59 Studierende Kollegiat des Förderprogramms. Seine Motivation, am Förderprogramm teilzunehmen, beschreibt er so: „Für mich ist es wichtig, in Lerngruppen zu arbeiten, mir eine zusätzliche Qualifikation anzueignen und mich während der Stipendiatentreffen mit anderen Kollegiaten außerhalb der Universität zum inhaltlichen Austausch zu treffen.“ Außerdem ist es ihm wichtig, dass er sich gestalterisch einbringen und über den Tellerrand hinausschauen kann.
All das bietet das Förderprogramm an, an dem auch Nicola Braun teilnimmt. Sie schätzt vor allem die Projekte, die die Lerngruppen planen. „Wir suchen uns eine Aufgabenstellung und finden eine Lösung – zusammen mit der Schulleitung und mit Beteiligten aus der Wirtschaft“, sagt Nicola Braun.
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