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Der Traum von der neuen Stadt

Die Senatorin für Stadtentwicklung präsentiert Entwurf zur Nachnutzung des Tempelhofer Flugfelds: Ein Park und zahlreiche Wohnhäuser, aber auch 10.000 Arbeitsplätze sollen bis 2020 dort entstehen

VON ROLF LAUTENSCHLÄGER

Viele Pläne und Illustrationen hatte Ingeborg Junge-Reyer, Senatorin für Stadtentwicklung, am Mittwoch bei sich im Amt an die Wand gepinnt. Darauf zu sehen waren große Blöcke, Häuser und Gewerbeansiedlungen, die sich als bebauter Ring um ein grünes Parkareal legten – das Tempelhofer Flugfeld.

Mit der Präsentation wollte die SPD-Politikerin demonstrieren, dass die Stunde reif ist „für Ideen zur zukünftigen Entwicklung auf dem Tempelhofer Feld“. Denn für die Senatorin, die überhaupt keinen Zweifel daran ließ, „dass nicht einmal der Volksentscheid die Schließung des Airports verhindern könnte“, setzt am 1. November 2008 – dem Tag der Stilllegung des einstigen Zentralflughafens – „die neue Zeitrechnung Tempelhofs ein“. Der Entwurf des Senats nun gebe die Leitlinie vor, „wie Berlin die 380 Hektar große Freifläche und das Gebäude der öffentlichen Nutzung zurückgeben könnte“.

Nach den Vorstellungen von Junge-Reyer soll das gesamte Areal „unter ökologischen Kriterien zu einem neuen Stadtteil mit Kultureinrichtungen, Wohnungen und Gewerbeansiedlungen für 10.000 Arbeitsplätze“ entwickelt werden. Dabei ist geplant, in der Mitte des heutigen Flugfelds einen großen Park mit Natur-, Landschafts- und Sportflächen zu gestalten. Nach dem Willen der Senatsplaner sollen die beiden Startbahnen erhalten bleiben. Diese könnten etwa als Rad- oder Skateboardstrecken genutzt werden.

Auch für das riesige Flughafengebäude aus der NS-Zeit hatte Junge-Reyer Vorschläge: „Nach dem Ende des Flugbetriebs könnten dort Kultur- und Medienfirmen angesiedelt werden.“ Es gebe dafür bereits Interessenten vom Filmproduktionsstandort Babelsberg. Mit der weltweiten Vermarktung des 300.000 Quadratmeter Fläche umfassenden Tempelhof Forums (THF) werde bereits Ende 2008 begonnen.

Entwürfe für den Parkrand stellte Junge-Reyer ebenfalls vor. Sie entsprechen im Wesentlichen bereits vorhandenen Plänen, die ihr Vorgänger Peter Strieder hatte erarbeiten lassen. Zwei Wohnquartiere – das eine am nördlichen Columbiadamm, das andere auf der östlichen Neuköllner Seite – mit rund 5.000 Wohnungen sollen hochgezogen werden. Ein erster Ideenwettbewerb für das Columbia Quartier als neue „innovative Adresse am Park“ soll noch in diesem April beginnen, sagte die Senatorin.

Schließlich soll im Westen des Flugfelds und entlang dem Tempelhofer Damm ein Dienstleistungsquartier für Technologiefirmen – etwa für ein „europäisches Umwelttechnologiezentrum“ – entstehen. Diese Bebauung umschließt den einstigen Airport bis hinunter nach Süden.

Konkrete Schritte zur Planung und Termine für die Realisierung nannte Junge-Reyer nicht. Zunächst müssten die Pläne und Wettbewerbe vertieft, das Gelände müsse zudem vermarktet werden. Die Fertigstellung des Stadtquartiers Tempelhof sei für 2012 bis 2020 anvisiert. Insgesamt wertete Junge-Reyer die Aufgabe als „großartige Chance für die Entwicklung der Stadt“.

Kritik an den Plänen kam umgehend von den Schließungsgegnern. Frank Henkel (CDU) ätzte, Berlin habe keinen Mangel an Wohnungen oder Grünflächen. FDP-Fraktionschef Martin Lindner bezeichnete die Umbaupläne gar als „unausgegorene Hirngespinste“. Zudem fehle ein Kostenplan des Senats.

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