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Nach dem Vorbild der Studenten

Im Doppelhaushalt 2008/09 kommt das im Koalitionsvertrag vorgesehene „Sozialticket“ nicht vor. Stattdessen setzt die rotgrüne Regierung auf ein kostenneutrales Modell, analog zum Semesterticket

Von Henning Bleyl

Der Antrag des „Linken“ im Haushaltsausschuss hatte keine Chance: Zwei Millionen Euro für das „Sozialticket“ wollte Karl-Heinz Rupp in den „Risikotopf“ des Doppeletats 2008/09 einstellen. Auch im Oktober scheiterte ein entsprechender Antrag.

Dortmund hingegen hat gerade ein Monatsticket für 15 Euro eingeführt, auch andere in der Größe mit Bremen vergleichbare Städte bieten Sozialtarife. In Dresden, Duisburg und Essen bekommen die Verkehrsbetriebe dafür keine zusätzlichen Subventionen. Hannover lässt sich das Mobilitätsangebot 30.000 Euro kosten, Leipzig 230.000, Nürnberg gut doppelt so viel und Stuttgart bezuschusst sein 18 Euro-Ticket mit jährlich 1,5 Millionen. 18 Euro ist auch der Preis, der von der Hälfte der circa 80.0000 Bremer Empfangsberechtigten laut Umfrage als „gerade noch akzeptabel“ angesehen wird. Im Hartz IV-Regelsatz sind für „Mobilität“ 16,11 Euro vorgesehen. Das derzeit billigste Monatsticket der BSAG für Erwachsene kostet 43,50 Euro.

Grüne und SPD haben sich in Bremen mehrfach für die Einführung eines Sozialtickets ausgesprochen, zuletzt im Koalitionsvertrag. Hermann Kuhn von den Grünen begründet seine Ablehnung des „schuldenfinanzierten“ Antrags der „Linken“ mit der Bremer Haushaltsnotlage – immerhin erhalte die BSAG bereits einen jährlichen Betriebszuschuss von gut 60 Millionen Euro. Auch Uta Kummer, finanzpolitische Sprecherin der SPD, sieht „keinerlei Spielraum“ im Sozialhaushalt.

Umso attraktiver erscheint der Koalition der derzeit kursierende Vorschlag eines kostenneutralen Tarifs nach Vorbild des Semestertickets. Demnach könnten ALG II-Bezieher gegen einen Verzicht auf zehn Euro monatlich automatisch ein Ticket erhalten. Weitere fünf Euro solle die Bundesagentur für Arbeit (BA) beisteuern, sagt Horst Frehe, sozialpolitischer Sprecher der Grünen und Vater der Idee – die BA würde sich schließlich viele Einzelanträge etwa auf Fahrtkostenbeihilfe zu Bewerbungsgesprächen sparen. Bei einer Beteiligung von 50 Prozent sei der Kostendeckungsgrad erreicht.

Und wenn nicht? „Wir sind wild entschlossen, ein Sozialticket einzuführen“, beteuert Karin Garling, sozialpolitische Sprecherin der SPD. Auch der Sprecher des Verkehrsressorts ist optimistisch: „Es soll auf jeden Fall ein Sozialticket geben“, bis zur Sommerpause sei die Sache vom Tisch. Anfang April allerdings wird der Haushalt endgültig festgezurrt – nach derzeitigem Stand ohne etwaigen Sozialticket-Zuschuss.

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