: Erstes Urteil zu Studiengebühren
Das Verwaltungsgericht erklärt die Exmatrikulation eines TU-Studenten für rechtswidrig, weil der Zeitpunkt zu früh war. Die HfbK zieht deshalb die erste Massen-Exmatrikulation zurück, hat aber gleich eine neue verschickt
„Wir haben uns verständigt, dass es keine Exmatrikulationen geben wird“, hatte GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch vorigen Donnerstag im taz-Salon erklärt. Doch auf der administrativen Ebene ist diese schwarz-grüne Absichtserklärung noch nicht angekommen. So hält die Hochschule für bildende Künste (HfbK) an der Exmatrikulationslinie weiter fest, obwohl das Verwaltungsgericht jetzt im Fall eines TU-Studenten, der die 500 Euro nicht zahlte, den Rauswurf für „rechtswidrig“ erklärte.
Das Urteil, das der taz vorliegt, ist eine kleine Blamage für den noch amtierenden Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos). Dieser hatte im vorigen Sommer zu Zeiten des drohenden Studiengebührenboykotts mit einer schnellen Exmatrikulation gedroht. Als Kunsthochschul-Präsident Martin Köttering im vorigen Juli den Rauswurf von 269 Studierenden ankündigte, erklärte er, eine von der Dräger-Behörde zugesandte „rechtsaufsichtliche Feststellung“ lasse ihm keine andere Wahl.
Die Anwälte der Boykotteure, Martin Klingner und Joachim Schaller, erklärten schon damals, dies sei rechtswidrig, weil die Gebühr laut Hochschulgesetz frühestens zum Ende der Rückmeldefrist, also Anfang Oktober, fällig sei. Schaller vertritt auch besagten TU-Studenten, in dessen Fall das Gericht nun der Argumentationslinie folgte. Morgen sollte endlich das Verfahren für 43 HfbK-Studierende beginnen, die gegen ihre Exmatrikulation geklagt hatten.
Rechtzeitig vor diesem Show-down zog die HfbK-Leitung vorgestern diese Exmatrikulationen zurück, so dass es nicht zum Prozess kommt. Im Vorgriff auf das Urteil hatte die Hochschulleitung aber schon im Februar eine zweite Exmatrikulation verschickt, die auf den 15. Oktober terminiert ist und noch gilt. Angeblich aus formalen Gründen.
„Wir haben die ersten Exmatrikulationen zurückgezogen, weil sie vor Gericht nicht durchsetzbar gewesen wären“, sagt Kanzler Horst-Volkert Thiel. Deshalb sei die zweite Exmatrikulation vom Februar nötig gewesen. „Wir müssen uns an geltendes Recht halten. Wir gehen nicht davon aus, dass sich diese Rechtslage vor dem Wintersemester 2008 / 09 ändert“. Das Problem wird sich in wenigen Tagen weiter zuspitzen, weil im abgelaufenen Semester noch einmal 200 Studenten boykottierten, deren Exmatrikulation Mitte April, droht – diesmal fristgerecht.
„Ich weiß nicht, was Herrn Köttering da reitet“, sagt Anwalt Klingner. Angesichts der veränderten politischen Lage wäre es „an der Zeit, dass sich die HfbK auf eine Linie begibt, wo es eine gütliche Regelung gibt“.
Die SPD will heute in der Bürgerschaft einen Antrag einbringen, der das gültige Gesetz aussetzt. „Wenn es ernst war, was Christa Goetsch im taz-Salon sagte, müsste die GAL zustimmen“, sagt Fraktionschef Michael Neumann. Der Antrag wird, ebenso wie der vorherige von der Linken, in den Verfassungsausschuss überwiesen und am 21. April diskutiert. KAIJA KUTTER
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