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Kein grüner Kniefall vor Vattenfall

Steinkohlekraftwerk Moorburg wird vorerst nicht genehmigt. Hamburgs Umweltsenatorin Anja Hajduk (GAL) verlängert die Entscheidungsfrist bis September. Vattenfall hält das für rechtswidrig und droht der Stadt mit einer Milliardenklage

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Das Steinkohlekraftwerk Moorburg im Hamburger Hafen wird vorerst nicht genehmigt. Das hat am Dienstag die Umweltbehörde der Hansestadt entschieden. Die gestern auslaufende Frist zur Erteilung einer Baugenehmigung wurde um drei Monate bis zum 10. September verlängert. „Wir brauchen mehr Zeit zum intensiven Prüfen“, sagte Behördensprecher Volker Dumann. Sowohl wasser- wie naturschutzrechtliche Fragen seien derzeit noch offen.

Deshalb sei ein „kurzfristiger Genehmigungsbescheid nicht möglich“, bedauerte Dumann. Das Verfahren werden jedoch „ohne Verzögerungen“ weiterbetrieben und liege auch beim Kohlekraftwerk Moorburg „im üblichen Rahmen für Kraftwerksgenehmigungen“.

Mit Unverständnis reagierte Sabine Neumann, Sprecherin des Kraftwerksbetreibers Vattenfall. Aus ihrer Sicht ist „jede weitere Verzögerung rechtswidrig“. Vattenfall habe sämtliche für das Genehmigungsverfahren erforderliche Unterlagen „rechtzeitig und vollständig“ vorgelegt: „Wir haben einen Rechtsanspruch auf die Genehmigung.“

Um diese Sichtweise zu bekräftigen, hat Vattenfall seine seit 14. April beim Oberverwaltungsgericht anhängige Untätigkeitsklage gegen die Stadt nunmehr erweitert. Zusätzlich zur immissionsrechtlichen Erlaubnis, deren Erteilung der Energiekonzern zunächst verlangte, fordert der Stromkonzern nun auch die wasserrechtliche Genehmigung für das Kraftwerk umgehend ein, so Neumann.

Das juristische Fundament dafür bietet ein Rechtsgutachten der Berliner Kanzlei Redeker & Sellner im Auftrag von Vattenfall. Das 70-seitige Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass die immissionsschutz- und die wasserrechtlichen Genehmigungen für das Werk erteilt werden müssen. Für die Stadt Hamburg bestehe „die einzige Handlungsoption darin, die beantragte Genehmigung unverzüglich zu erteilen“, heißt es in der Expertise, welche vorige Woche vorgestellt wurde. „Es sind keine Genehmigungshindernisse zu erkennen“, stellte einer der drei Gutachter, Rechtsanwalt Olaf Reidt, fest.

Damit sei Vattenfalls Position „nachdrücklich bestätigt worden“, freute sich Vorstand Hans-Jürgen Cramer. Cramer beteuerte zugleich, weder einen Rechtsstreit noch Schadenersatz zu wollen, sondern das Kraftwerk: „Wir wollen bauen“, sagte Cramer. Falls die Genehmigung aber versagt werde, habe der Vattenfallvorstand keine andere Wahl, als Schadensersatz für die Investitionen und den zukünftig entgehenden Gewinn geltend zu machen.

Wenn eine staatliche Behörde nicht nach dem Gesetz entscheidet, begeht sie eine Amtspflichtverletzung und kann dafür verklagt werden. Bislang hat der Energiekonzern, der seit November vorigen Jahres aufgrund einer vorläufigen Baugenehmigung des damaligen CDU-Senats mit ersten Arbeiten auf dem Gelände an der Süderelbe begonnen hat, für 1,3 bis 1,4 Milliarden Euro investiert und Bestellungen bei Zulieferern aufgegeben.

Die Kosten würden zudem monatlich um einen „zweistelligen mittleren Millionenbetrag“ steigen, falls die Baustelle stillstehe, warnte Cramer. Den möglicherweise entgehenden Gewinn wollte der Vattenfall-Chef nicht beziffern, doch dürfte es sich abermals um einen Milliardenbetrag handeln. „Das Risiko für die Stadt Hamburg steigt mit jeder Woche, die verstreicht“, stellte Cramer klar. Ob und wann diese Klage eingereicht wird, ist aber noch offen. Zunächst wird Vattenfall die gestrige Entscheidung der Behörde juristisch prüfen. Zudem ist Cramer übernächste Woche zu einem Gespräch mit Umweltsenatorin Anja Hajduk verabredet. Den genauen Termin wollten beide Seiten nicht nennen. Die Grüne, seit fünf Wochen im Amt, hat ebenso wie ihre Partei aus ihrer Ablehnung des „Klimakillers Moorburg“ nie ein Hehl gemacht – weder im Wahlkampf noch bei den Koalitionsverhandlungen mit der CDU.

Im schwarz-grünen Koalitionsvertrag vom 17. April wurde aber lediglich festgehalten, dass die Umweltbehörde über Moorburg nach Recht und Gesetz entscheiden werde. Eben darüber jedoch herrscht zwischen Behörde und Konzern die größte anzunehmende Uneinigkeit.

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