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Bush widerlegt

AUS WASHINGTON ADRIENNE WOLTERSDORF

Mit einer Grundsatzentscheidung hat der Supreme Court der USA den Guantánamo-Plänen der Regierung von US-Präsident George W. Bush am Donnerstag eine Absage erteilt. Das Oberste Gericht urteilte, dass Gefangene des umstrittenen Militärlagers auf Kuba das Recht auf Zugang zu ordentlichen Gerichten in den Vereinigten Staaten haben. Fünf der neun Richter warfen die bisherige Washingtoner Praxis im Umgang mit Gefangenen über Bord. Die Bush-Administration hatte trotz internationaler Kritik bislang beharrlich darauf bestanden, dass nur eigens eingerichtete Militärtribunale für die Gefangenen zuständig sein könnten.

Mit dem Urteil eröffnet der Oberste Gerichtshof den ausländischen Gefangenen des US-amerikanischen „Kriegs gegen den Terror“ die Möglichkeit, gegen ihre Inhaftierung vor zivilen US-Gerichten vorzugehen. Den Gefangenen in Guantánamo könne das Verfassungsrecht des Habeas Corpus nicht verwehrt werden. Dieser alte Rechtsgrundsatz hat zum Ziel, Menschen vor Willkürakten der Staatsorgane zu schützen. Selbst wenn Guantánamo auf Kuba liege, müssten die dortigen Militärgerichte so vorgehen, als wenn sie sich auf US-Territorium befänden, urteilten die Richter. Das habe zur Folge, dass die Guantánamo-Insassen dieselben Verfassungsrechte wie alle Bürger der USA hätten.

Richter Kennedy monierte in seiner Urteilsbegründung, dass der US-Kongress es versäumt habe, für die Guantánamo-Häftlinge eine gleichwertige juristische Alternative zu schaffen, um gegen ihre Inhaftierung und mutmaßliche Folterung rechtliche Schritte einleiten zu können.

Im Jahr 2006 war nach einem früheren Urteil des Obersten Gerichtshofs ein Gesetz geschaffen worden, das mit Einschränkungen die Revision des Sonderstatus der Gefangenen ermöglichte. Die Bush-Regierung hatte seit 2001 darauf bestanden, dass die mutmaßlichen Terroristen, die US-Streitkräfte und US-Geheimdienste in Afghanistan und anderswo aufgegriffen hatten, keine herkömmlichen Kriegsgefangenen im Sinne der Genfer Konvention seien, sondern „enemy combatants“ (feindliche Kämpfer). Für diese, so die Bush-Regierung, gelte keine internationale Regelung, da sie nicht einer Regierungsarmee angehörten. Das Gesetz von 2006 erlaubte den Gefangenen ausdrücklich nicht, gegen ihre Haft vor US-Gerichten zu klagen.

Die Bush-Administration erlitt mit diesem jüngsten Urteil in der Guantánamo-Frage nunmehr ihre dritte Niederlage vor dem höchsten Gericht seit 2004. Die geschätzten noch rund 270 Insassen des Militärlagers werden dort zum Teil seit 2001 ohne Anklage oder gerichtliche Verfahren festgehalten. Der liberale Richter Anthony Kennedy, der die Urteilsbegründung verfasste, schrieb: „Die Gesetze und die US-Verfassung sind dazu geschaffen worden, in außergewöhnlichen Zeiten in Kraft zu bleiben und zu überdauern.“

Unklar ist noch, inwieweit der Gerichtsentscheid zur sofortigen Änderung der bestehenden Praxis führen wird. Erst vergangene Woche hatte der erste Prozess überhaupt auf Guantánamo begonnen. Gegen fünf mutmaßliche Drahtzieher der Terroranschläge vom 11. September 2001 war eine mit 169 Punkten bestückte Anklageschrift verlesen worden.

Der Hauptverdächtige Chalid Scheich Mohammed hatte gleich zu Beginn der Anhörung seine Verteidiger entlassen und gefordert, ihn zum Tode zu verurteilen. Unter den Angeklagten befindet sich Ramsi Binalschibh, der der Hamburger Zelle um die Attentäter angehört haben soll. Die Praxis war weltweit scharf kritisiert worden.

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