: Bagis ganz neu – aber wie?
Die koordinierte Arbeitsmarktpolitik der Bagis ist verfassungswidrig. Aber die Betroffenen wollen nicht zurück zum Nebeneinander von Arbeitsamt und Sozialamt. Eine Lösung ist nicht in Sicht
Von Klaus Wolschner
„Ein gewisser Rückschritt ist nicht vermeidbar“, das sagt Thomas Schneider, Direktor der Bremer Agentur für Integration und Soziales (Bagis). „Ich befürchte, es wird schlimmer“, findet Thomas Beninde von der Arbeitslosenberatung AGAB. „Wieso kriegt der Staat in der Arbeitslosenverwaltung nichts auf die Reihe?“ fragt ein Betroffener, Jens E. Schröter. „Das hat System“, vermutet er. Auf Einladung der Grünen trafen sich gestern Experten der Arbeitslosen-Systeme zu einer Anhörung, um die Probleme der Bagis zu beraten.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Dezember 2007 die Bagis-Organisationsform für verfassungswidrig erklärt hat, weil Aufgaben des Bundes und Aufgaben der Kommunen vermischt werden. Das Zusammenwachsen von Sozialamt und Arbeitsamt war ein mühsamer Prozess, man ist stolz darauf, dass endlich alles verbindlich koordiniert und „aus einer Hand“ organisiert wird.
Das Chaos bei der Einführung des „Arbeitsgemeinschafts“-Prinzips scheint gerade überwunden, da droht ein neues großes Chaos. Die Betroffenen der Arbeislosigkeits-Verwaltung haben daher ein Interesse daran, dass das derzeit geltenden System irgendwie beibehalten werden kann. „Kooperative Job-Center“ soll der neue Name sein, hatte der Chef der Arbeitsagentur vorgeschlagen.
Das könnte wieder verfassungswidrig sein, fürchtet der nach Bremen als Experte eingeladene Essener Landessozialrichter Volker Wahrendorf. Jede verbindliche Kooperation würde eine Grundgesetzänderung voraussetzen, erklärte er den Bremer Experten. Unverbindlich geregelte Kooperation geht aber nicht in diesem Bereich, meinte dazu Sylvia Schön, die Arbeitsmarkt-Politikerin: Die Grünen sind für eine Grundgesetzänderung – die scheint allerdings in Berlin nicht mehrheitsfähig. Denn 80 Prozent des Geldes – allein in Bremen werden über die Bagis 536 Millionen Euro im Jahr verteilt – kommen aus dem Bundeshaushalt, da will der Bund nicht die Verfügung abgeben. Die umgekehrte Lösung, also ein „Bundessozialamt“, wird derweil von den Kommunen strikt abgelehnt.
Katja Barloschky, Chefin der „Bremer Arbeit“, begründete dies mit einem Beispiel: In Bremen haben Vertreter der Kommune und der Agentur für Arbeit in monatelangen Verhandlungen ein Konzept erarbeitet, wie Arbeitslose über einen längeren Zeitraum eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erhalten können und damit in Stadtteilen sinnvolle kommunale Arbeit leisten. „Bremen produktiv und integrativ“ ist der Name des Programms, das auf die bremische Situation zugeschnitten und mit vielen Beteiligten Stellen ausgehandelt wurde. Mit einem Federstrich wurde dem Projekt durch die Bundesagentur für Arbeit die Finanzierungsgrundlage entzogen. Die Bundesagentur für Arbeit wäscht dabei ihre Hände in Unschuld und sagt, das Bundesministerium für Arbeit sei schuld. So kann man keine erfolgreiche Beschäftigungspolitik machen, sagt Katja Barloschky.
Das derzeitige System schafft ein „riesen Chaos“, sagte Jens E. Schröter – das müsse bei einer Neuorganisation besser werden: „Wie ihr das auf die Reihe bekommt ist mir egal.“ Paul Schröder vom Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung meinte auch, dass das Prinzip „aus einer Hand“ ein Fetisch sei, für die Betroffenen sei eine klare Verteilung der Kompetenz auf zwei Stellen besser als eine undurchsichtige Kooperation „aus einer Hand“.
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