piwik no script img

Als der Krieg ins Wasser fiel

Die entscheidende Seeschlacht des Zweiten Weltkrieges wird transatlantisch aufgearbeitet: Die britische BBC, der US-Sender History Channel und der Norddeutsche Rundfunk schildern den „U-Boot-Krieg im Atlantik – Die Jäger“ (21.45 Uhr, ARD)

von ARNO FRANK

Krieg hat derzeit Konjunktur. Und Geschichte, was ja leider oft ein und dasselbe ist. Oder haben sie jemals eine Sendung von Guido „History“ Knopp gesehen, in der es um die Versammlung in der Paulskirche oder das Entstehen der bundesdeutschen Verfassung ging? Eben. Geschichte ist Krieg, und ein besonders düsteres Kapitel schlägt nun die ARD auf mit einer dreiteiligen Dokumentation über den „U-Boot-Krieg im Atlantik“, bei dem 28.000 deutsche und 55.000 alliierte Seeleute den Tod fanden.

Sie alle starben entweder für die oder an der deutschen Strategie, England von jedem Nachschub aus den USA abzuschneiden. Eine Strategie, die zunächst überraschend erfolgreich war. In seinen Memoiren bekannte der britische Premier Winston Churchill, dass allein die „german U-boats“ die Insel an den Rand einer Niederlage gebracht hätten. Mehr als 1.000 gegnerische Versorgungsschiffe wurden bis 1942 von den „Grauen Wölfen“ versenkt, wie die Boote euphemistisch genannt wurden.

Gegen die erdrückende britische Seehoheit ging Karl Dönitz mit seiner „Rudeltaktik“ vor, bei der mehrere deutsche U-Boote nachts und frontal in die feindlichen Geleitzüge hineinfuhren und ihre Torpedos abfeuerten – auf eine so billige wie effiziente Waffe waren die Alliierten nicht vorbereitet. Zumal die Deutschen mit einer geheimen Sonderbeschichtung die Ortung ihrer Boote erschwerten. Das Blatt wendete sich erst, nachdem es den Briten gelungen war, den Code der deutschen Marine zu knacken. Weshalb die U-Boote dann dazu übergingen, die schlecht geschützte amerikanische Ostküste zu terrorisieren. „Wir konnten es kaum glauben, alles war hell erleuchtet, wir sahen die Autos auf der Küstenstraße fahren“, freut sich noch heute Kapitän Hardegen über sein dreistes Auftauchen in der Bucht von New York.

Wieso dergleichen, bitte schön, erwähnenswert ist? Weil der „U-Boot-Krieg im Atlantik“ durch solche militärischen Details entschieden wurde und die Dokumentation genau davon erzählt – präziser und ausführlicher vielleicht, als es einer rein deutschen Produktion gelingen würde. Die deutsch-britisch-amerikanische Koproduktion von NDR, BBC und History Channel aber entwirft ein sehr ausgewogenes Panorama der Ereignisse. Englische Schiffbrüchige rekapitulieren ihre Traumata und kämpfen mit den Tränen. Deutsche Matrosen schwärmen von billigem Sekt und süßen Französinnen beim Landgang in La Rochelle. Und Amerikaner erläutern, dass sie wegen der Japaner im Pazifik keine Zeit für die Deutschen im Atlantik hatten.

In Großbritannien lief Andrew Williams sehr sachlicher Film – eine Mischung aus historischen Archiv-Aufnahmen, etwas behäbig nachgestellten Szenen und Interviews mit Zeitzeugen – schon im vergangenen Herbst mit großem Erfolg. Und der ist ihm auch hierzulande zu wünschen, wo sich bisher nur Wolfgang Petersen mit seinem wagnerianischen Unterwasser-Epos „Das Boot“ filmisch um das Thema verdient gemacht hat.

Denn „U-Boot-Krieg im Atlantik“ erinnert nicht nur an das menschliche Leid auf allen Seiten, sondern verweist auch beiläufig auf dessen immer wieder erstaunlich primitive militärische Ursache: Die Deutschen wollten schneller und mehr Schiffe versenken, als die Alliierten auf Kiel zu legen imstande waren. In der „Atlantikschlacht“ ging es allein um Bruttoregistertonnen, nicht um die 83.000 Menschenleben.

Was bleibt, ist ein Unbehagen am Sujet selbst, ein paradoxer Nachgeschmack: Wenn, was der Fall ist, streckenweise Langeweile aufkommt – ist das nun gut oder schlecht?

Teil 2: „Die Wende“, 20. Januar, 21.45 Uhr bei der ARDTeil 3: „Die Gejagten“, 27. Januar, 21.45 Uhr bei der ARD

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen