: Haftbefehle für Terrorverdächtige
Zwei Jemeniten warten im hessischen Hochsicherheitstrakt auf ihre Auslieferung an die USA oder den Jemen. Doch in beiden Ländern gibt es die Todesstrafe. Gehören die Männer einer gemäßigt-islamistischen Partei an – oder al-Qaida?
von KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT und BEATE SEEL
Ein mutmaßlicher Geldbeschaffer des Terrornetzwerkes al-Qaida, Scheich Mohammed Ali Hassan al-Mojad (54), sitzt seit Sonnabend im Hochsicherheitstrakt der hessischen Justizvollzugsanstalt Weiterstadt ein – zusammen mit seinem Begleiter Yahya Zayed (30). Den Haftbefehl für die beiden Jemeniten hatte zuvor eine Amtsrichterin in Frankfurt ausgestellt. Die Männer waren aufgrund eines Rechtshilfeersuchens aus den USA nach tagelanger Observation am Freitag in einem Hotel am Frankfurter Flughafen festgenommen worden.
Der für die Festnahme zuständige Oberstaatsanwalt Job Tillmann erklärte, die Jemeniten seien von den USA als hochrangige Al-Qaida-Mitglieder und Unterstützer der radikalen Palästinenserorganisation Hamas bezeichnet worden. Also erließ die Staatsanwaltschaft eine „Festhalteanordnung“ – auf dieser Basis nahm die Polizei dann die beiden Männer fest. Mit ihrer Vorführung beim Amtsgericht sei der „Job“ der Staatsanwaltschaft beendet gewesen, sagte Tillmann am Samstagabend im regionalen Fernsehen und sah dabei sehr erleichtert aus.
Das Oberlandesgericht (OLG) in Frankfurt muss jetzt entscheiden, ob gegen die beiden Männer ein Auslieferungshaftbefehl erlassen wird. Gegen den Begleiter des Scheichs hat die USA bislang keinen konkreten Tatvorwurf erhoben. Ein formelles Auslieferungsersuchen wollen sowohl die USA als auch der Jemen, der über seine Staatsbürger selbst urteilen will, in den nächsten Tagen an die Bundesrepublik richten. Die politische Entscheidung darüber obliegt dem Bundesjustizministerium. Die Crux: Von deutschem Boden aus darf kein Tatverdächtiger an einen Staat ausgeliefert werden, in dem die Todesstrafe praktiziert wird. Hingerichtet wird aber sowohl in den USA als auch im Jemen.
Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung soll Scheich al-Mojad Imam der Hauptmoschee der jemenitischen Hauptstadt Sanaa sein. Dort habe er für Ussama Bin Laden die Finanzen verwaltet. Außerdem ist er Gründer einer Wohlfahrtseinrichtung, die 8.000 Bedürftige betreut. Nach noch unbestätigten Meldungen aus den USA soll der Scheich auch an dem Anschlag auf das US-Kriegsschiff „MS Cole“ beteiligt gewesen sein, bei dem im Oktober 2000 siebzehn Seeleute ums Leben kamen. Bei den deutschen Strafverfolgungsbehörden lag dagegen zunächst nichts gegen die beiden Männer vor. Der Scheich wollte sich in Deutschland einer medizinischen Behandlung unterziehen.
Nach Angaben jemenitischer Regierungsvertreter gehören die Festgenommenen der gemäßigt-islamistischem Islah-Partei an, die mitteilte, dass sie inzwischen einen deutschen Anwalt eingeschaltet habe. Islah ist die größte Oppositionspartei. Daneben gibt es zwei radikalere Organisationen, die Islamische Dschihad-Bewegung und die Aden-Abyan Islamische Armee, denen Verbindungen zu al-Qaida nachgesagt wurden. Anders als Islah lehnen diese Gruppen den jemenitischen Staat ebenso ab wie den Westen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen