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Von Karstadt in die Zelle

30 Betroffene von Polizeiübergriffen auf Bambule-Demos stellen Strafanträge gegen Polizeiführer. Das Verwaltungsgericht soll die Rechtswidrigkeit bestätigen

Für Ex-Bundesverfassungsrichter Jürgen Kühling hat die Einkesselung von Bambule-Demonstranten und Zuschauern am 21. Dezember auf der Mönckebergstraße mit dem legendären Hamburger Kessel nur bedingt etwas zu tun. „Diesmal war das kein Übergriff der Polizei, sondern ein geplanter Vorgang“, konstatiert er. Kühling vertritt die Anwältin Barbara Ede, deren Weihnachtseinkauf in Handschellen und einer Odyssee im Gefangenentranporter endete.

Zusammen mit zwei weiteren Opfern dieser Polizeimaßnahme und 27 weiteren Betroffenen der Einkesselung der Spontandemo vom 18. November nach dem St Pauli-Spiel hat Ede Strafanträge gegen die verantwortlichen Polizeiführer erstattet und vor dem Verwaltungsgericht Feststellungsklagen eingereicht.

Barbara Ede war zufällig in den Protest geraten. Als sie Karstadt verließ, habe sie vor einer Polizeikette gestanden. „Dann wurde ich von einem Beamten durch die Kette geschoben“, sagt sie. Erst da habe sie realisiert, dass sie umringt sei. Nach einigen Versuchen habe ein „netter Polizist“ sie sogar rausgelassen. „Als ich mich mütterlich umdrehte und sagte‚ ‚Was Sie hier machen, find‘ ich nicht in Ordnung‘, hat er mich wieder in den Kessel gezogen.“

Beim Transport seien ihr die Hände auf den Rücken gefesselt worden, auf der stundelangen Fahrt durfte sie keine Toilette aufsuchen. „Danach haben sie mich bis 23 Uhr in der Zelle eingesperrt, obwohl die Demo schon längst vorbei war“, beklagt Ede. „Warum wir eingesperrt wurden, konnte niemand sagen.“

Auch Jörg Kirstein weiß nicht, warum er an diesem Tag in einer Zelle landete, als er an einer Spontandemo teilnahm. „Es herrschte polizeiliches Chaos“, berichtet er. „Die Polizei verkündete Demorouten, die sie dann kurze Zeit darauf versperrte.“ So landete er in der Thadenstraße mit 269 Leuten im Polizeikessel. „Es gab vorher keine Möglichkeit, die Demo zu verlassen.“ Nass durch die Wasserwerfer musste er dann stundenlang ausharren, bis er in Handfesseln zu einer Wache gefahren wurde.

Ebenso wie auf der Mönckebergstraße – ein vergleichbarer Vorfall spielte sich zeitgleich auch vor dem Alsterhaus ab – gab es seitens der Polizei keinerlei Verhaltensaufforderungen, die das Versammlungsgesetz zwingend vorschreibt. Und Polizeimaßnahmen zur Gefahrenabwehr sind nur zulässig, wenn auch eine Gefahr vorliege, erläutert Kühling: „Die Polizei ist paradoxerweise selbst zur Gefahr geworden.“ KAI VON APPEN

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