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Blaumann contra Weißkittel

IG Metall ruft zu Warnstreiks in der Metallindustrie auf. Trotz Vereinbarung muss das neue Entgeltabkommen offensichtlich durch Arbeitskampf erzwungen werden

Die Unternehmer wollen laut IG Metall nur freiwillige Regelungen treffen – ohne Betriebsrat

Die MetallerInnen im Norden fühlen sich betrogen. Obwohl im Frühjahr 2002 zwischen der IG Metall Küste und den norddeutschen Unternehmerverbänden im Rahmen der allgemeinen Tarifrunde vereinbart worden war, bis Ende 2002 ein neues „Entgeltrahmenabkommen“ (ERA) abzuschließen, ist der Vertrag noch immer nicht unter Dach und Fach. Die IG Metall ruft daher für heute die Belegschaften aller tarifgebundenen Unternehmen der Metall- und Elektronindustrie zu Warnstreiks auf. IG Metall-Küste-Chef Frank Teichmüller: „Am Verhandlungstisch kommen wir nicht weiter, jetzt setzen wir auf den Druck aus den Betrieben.“

Dabei hatten sich Gewerkschaften und Unternehmen damals bei den mehr als zweijährigen Verhandlungen bereits auf die Eckpunkte geeinigt. Lediglich die Einzelheiten sollten noch ausgearbeitet werden. So sollte ab 2003 mit der Umsetzung des neuen Abkommens begonnen werden können und der Prozess bis 2008 abgeschlossen sein. ERA sollte dann die alten Lohn- und Gehaltstarifverträge ablösen – die immer noch auf einer krassen Trennung von Arbeitern und Angestellten basieren – und durch zeitgemäße Regelungen zur Eingruppierung und Leistungsgestaltung ersetzt werden, die den modernen Produktionsformen in der Metallbranche mit Computertechnikern, Teamarbeit und Leistungsvorgaben gerecht werden.

Obwohl die Metallunternehmen eigentlich auch immer ein Interesse an der Novellierung des Lohn- und Gehaltsgefüges signalisierten, da auch ihnen die Trennung zwischen Blaumann und Weißkittel bei gleicher Arbeit antiquiert erschien, mauern sie jetzt. „Mit Verweis auf ihre Mitgliedsfirmen verweigern die Arbeitgeberverbände bestimmte Regelungen beim Leistungsentgelt“, berichtet Teichmüller und macht zugleich den IG Metall-Standpunkt klar: „Wer mehr als normal leistet, verdient auch entsprechend mehr.“ Die Unternehmer wollen laut IG Metall jedoch nur individuelle Regelungen treffen, freiwillig und ohneBeteiligung der Betriebsräte. „Dies gilt auch für neue Modelle wie zum Beispiel Zielvereinbarungen“, sagt Teichmüller.

Für den Gewerkschaftschef ist jetzt Schluss mit Lustig: „Über zwei Jahre lang bestätigen die Arbeitgeber in den Verhandlungen die Notwendigkeit eines neuen ERA, im Verband blockieren sie diesen aber“, schimpft Teichmüller. „Die Menschen sind es leid, von ihrem Arbeitgeber hingehalten zu werden. Sie wollen ein gerechten Entgeltrahmenabkommen und dies jetzt!“

KAI VON APPEN

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