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Belastende Aussagen

FC St. Pauli: Zwei ehemalige Präsidenten geben zu, Steuern hinterzogen zu haben. Gekündigte Geschäftsführerin Tatjana Groeteke teilweise entlastet

Groeteke vor möglichem Prozessgewinn – wären da nicht noch fehlende 396 Euro

Aus Hamburg Oke Göttlich

Tatjana Groeteke streitet weiter gegen ihre Kündigung durch den FC St. Pauli. Der ehemaligen Geschäftsführerin unter dem Präsidium Reenald Koch, Christian Pothe und Stephan Beutel wurde vorgeworfen, alleinverantwortlich Scheinverträge mit dem Jugendtrainer Dirk Zander aufgesetzt und überdies Geld aus der Kasse des Hamburger Vereins hinterzogen zu haben. In dem fortgesetzten Arbeitsgerichtsprozess mussten gestern die ehemaligen Präsidiumsmitglieder aussagen.

Während sich Stephan Beutel krankmeldete, sagten Ex-Präsident Reenald Koch und Christian Pothe überraschend aus, dass sie sehr wohl von dem Vorgang unterrichtet gewesen seien, dass Dirk Zander einen Teil seines Verdienstes über den Schwiegervater abrechnen ließ. „Uns war bewusst, dass der Schwiegervater nicht arbeiten wird“, sagte der noch nicht von der Mitgliederversammlung entlastete Koch. Ebenso äußerte sich sein damaliger Vize Christian Pothe: „Es gab zwei Teilbeträge: Einen über Herrn Zander selbst und einen über seinen Schwiegervater.“

Damit gestanden beide ein, dass unter ihrer Führung Steuern durch den Verein hinterzogen worden sind. Tatjana Groeteke wurde somit entlastet, da sie nach dieser Aussage nicht alleinverantwortlich gehandelt haben soll. Da die beiden ehemaligen Präsidiumskollegen wiederum noch nicht entlastet worden sind, könnte sich hinter ihrer Aussage auch ein geschicktes Manöver verbergen. Sie schieben dem Verein die Verantwortung für eine eventuelle nachträgliche Abfindungszahlung an Groeteke zu – und schützen sich nebenbei selbst vor belastenden Aussagen ihrer ehemaligen Geschäftsführerin.

Diese steht nach den Aussagen der ehemaligen Präsidiumskollegen vor einem möglichen Prozessgewinn. Wären da, seinerzeit zusätzlicher Kündigungsgrund, nicht noch 396 Euro, die in der Kasse gefehlt haben sollen. Die waren von Tatjana Groeteke in Höhe von 700 Mark aus der Kasse entnommen worden. Laut Zeugenaussage der ehemaligen Vereinsbuchhalterin Doris Petersen wohl, um eine Handwerker-Rechnung ohne Quittung zu bezahlen. Später hatte Groeteke eine Reisenkostenabrechnung des Jugendtrainers Dirk Zander über 396 Euro eingereicht – Geld, welches dieser nie bekommen hat. Der Differenzbetrag in Höhe von 38,10 Euro, der sich aus der Euro-Umstellung ergeben hatte, tauchte in keiner Kasse mehr auf.

Ob sich der Richter allerdings auf 38,10 Euro stützen wird, um die Kündigung Groetekes doch noch als rechtmäßig zu beurteilen, darf bezweifelt werden. Wo der restliche Betrag in Höhe von knapp 360 Euro verblieben ist, wurde übrigens nicht geklärt.

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