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Der Wahlausgang steht schon fest

Die beiden Regierungspartner CDU und Partei Rechtstaatlicher Offensive eröffnen offiziell ihren Wahlkampf: Während die früheren Schill-Leute bereits zum Inventar von gestern zählen, wähnen die Christdemokraten die Wahl schon als gewonnen

von PETER AHRENS

Eigentlich ist die Wahl schon gelaufen. Die Stimmung ist zumindest so, wie sie nach einem Wahlsieg wäre. Das Erscheinen des Siegers wird jubelnd begrüßt, es gibt Sekt, die Krawatten sitzen locker. Doch dies ist erst der Wahlauftakt der Hamburger CDU, aber das ist den meisten, die an diesem Vormittag ins „Café Ole“, dem Wahlkampfzentrum der Christdemokraten an den Alsterarkaden, gekommen sind, herzlich egal. Für sie steht ohnehin fest: Nur Ole von Beust kann diese Wahl gewinnen.

Rein nach der Örtlichkeit könnte man denken, die CDU habe das Image von der modernen Großstadtpartei wiederentdeckt. Die Räumlichkeiten, in denen in den kommenden Wochen die Fäden für die von-Beust-Festspiele zusammenlaufen sollen, sind von der Art, in denen Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit seinen Absacker nach getaner Arbeit nimmt. Gedämpfte Bassrhythmen, eine Bar, karges Sitzmobiliar – klassische Chill-out-Atmosphäre eben. Also irgendwie passend, wenn man an das abgegrabbelte Wortspiel vom Schill-Out denkt. CDU-Veteranen wie Kreischef Henning Tants oder Fraktionsvorsitzender Michael Freytag wirken hier leicht deplatziert, doch zur offiziellen Präsentation geben auch sie sich ihr lockerstmögliches Erscheinungsbild.

Der Star selbst freut sich, dass „es jetzt an diesem Ort des Gesprächs und der Überzeugung losgeht“. Die Medien drängeln sich um Ole von Beust, als er davon spricht, dass „wir eine Rie–senchance haben“. Klar, was er meint: Die absolute Mehrheit für die CDU – ein Umstand, der noch vor zwei Jahren als undenkbar galt. Ein alter CDU-Recke geht auf Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram zu und sagt: „Das hätte ich nie für möglich gehalten, dieser Stimmungsaufschwung. Es ist so wunderschön.“ Es sieht so aus, als habe er fast Tränen in den Augen.

Von Beust holt sich derweil den nächsten schnellen Applaus ab, als er sagt: „Von mir wird es im Wahlkampf keine Gehässigkeit und keine Schlammschlacht geben.“ Ein kleiner Seitenhieb auf den SPD-Fraktionsvize und Innensenator-Bewerber Michael Neumann, der von Beust Faulheit im Amt vorgeworfen und ihm „Küblböck-Mentalität“ attestiert hatte, weil er nur ein Schau-Bürgermeister sei, der nur ankündigt, statt umzusetzen.

Zwar nicht Küblböck, aber immerhin Uwe Seeler weiß von Beust hinter sich. Der Neu-Ehrenbürger gehört zu den Prominenten, die sich bisher unter dem Motto „Ich bin für Ole“ für den CDU-Spitzenmann ausgesprochen haben. Dabei sind zudem Modedesignerin Jette Joop, Filmemacher Dieter Wedel, Ex-Tagesschau-Sprecher Wilhelm Wieben, Ex-HSV-Fußballer Manfred Kaltz und der Hauptpastor von St. Jacobi, Lutz Mohaupt.

Solche Unterstützung könnte der Regierungspartner von der Rechtsstaatlichen Offensive bestens gebrauchen. Die früheren Schillianer haben gestern ebenfalls offiziell den Wahlkampf eröffnet. Hier herrscht Tristesse, es gibt keine Journalistentraube, die Medienöffentlichkeit hat die Nockemanns, Frühaufs und Mettbachs längst als erledigte Fälle abgehakt und in die Bedeutungslosigkeit durchgereicht.

So sitzen die Ex-Schillianer im „Wappenhof Dubrovnik“ und verlesen matt und pflichtgemäß, dass sie in den kommenden vier Jahren die flächendeckende Telematik im Straßenverkehr einführen und das Kopftuch in der Schule dafür verbieten wollen, und dass noch mehr Polizei auf die Straße kommen soll. Sie wirken dabei aber so, als glaubten sie das selbst nicht mehr. Und damit hätten sie ja auch Recht.

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