: (Die letzten) Zweifel ausgeräumt
In überarbeiteter Form an den Ausgangsort zurückgekehrt: Zum letzten Mal wird die als „Wehrmachtsausstellung“ bekannt gewordene, strittige Schau in Hamburg gezeigt. Nüchterne Recherche ersetzt einst plakative Elemente, ohne die grundlegenden Vorwürfe zurückzunehmen
Eigentlich könnte die Ausstellung für sich stehen. Doch das Gelände, auf dem sie sich bewegt, ist immer noch vermint. Es ist ein bisschen so, als wollten ihre Initiatoren vom Hamburger Institut für Sozialforschung jedem möglichen Missverständnis vorbeugen, wenn die große Schau „Verbrechen der Wehrmacht – Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941–1944“ jetzt in Hamburg dem Publikum mit einem 80 Veranstaltungen umfassenden Begleitprogramm präsentiert wird. Es empfiehlt sich, die Möglichkeit zu nutzen, die kurz als „Wehrmachtsausstellung“ bekannte Schau anzusehen und womöglich mit dem Besuch der einen oder anderen Veranstaltung zu verbinden. Denn Hamburg, der Ort ihrer Entstehung, soll die letzte Station der Ausstellung sein, bevor sie im Deutschen Historischen Museum in Berlin eingelagert wird.
Viele werden sich erinnern: Nachdem die erste Ausstellung ins Kreuzfeuer der Kritik geraten war, hatte Institutsleiter Jan Philipp Reemtsma sie im November 1999 aus dem Verkehr gezogen und in Zusammenarbeit mit der neuen Ausstellungsleiterin Ulrike Jureit vollständig neu konzipiert. Die ersten Besucher der zweiten Wehrmachtsausstellung staunten nicht schlecht, als sie sich im November 2001 in den Berliner Kunst-Werken die Ergebnisse ansahen. Die Ausstellungsfläche hatte sich erheblich vergrößert, es waren wesentlich weniger Fotos zu sehen als in der ersten Ausstellung, ihre Eindrücklichkeit war zugunsten von Textdokumenten zurückgenommen, und vor allem verzichtete die Präsentation gänzlich auf suggestive Momente: Unmut erregt hatte im wesentlichen das zentrale Element der ersten Ausstellung, ein räumliches Wehrmachtskreuz, an dessen Innen- und Außenwänden zahlreiche Fotos von Massakern der Wehrmacht unkommentiert aufgehängt waren.
Mit der Neukonzeption trugen die Ausstellungsmacher einerseits der Kritik am staatsanwaltlichen Gestus der ersten Wehrmachtsausstellung Rechnung. Statt einer Anklage der Tätergeneration werden nun relativ nüchtern historische Dokumente vorgelegt, ohne von der Kernaussage abzuweichen, dass die Wehrmacht zu maßgeblichen Teilen an Verbrechen im Zweiten Weltkrieg beteiligt war. Und andererseits sind nun noch die letzten Ungenauigkeiten in der Beschriftung der Fotos ausgeräumt – damals ein weiterer, heftig vorgetragener Einwand gegen die Ausstellung. Zahlreiche Institutionen der Stadt Hamburg beteiligen sich nun am Begleitprogramm, unter ihnen das Metropolis-Kino mit einer Filmreihe, das Literaturhaus Hamburg mit zahlreichen Lesungen oder Kampnagel, wo auch die Ausstellung ihren Ort hat, mit Theaterstücken. Der Autor Imre Kertész, der wie kein anderer in seinen zahlreichen Büchern die „Chiffre Auschwitz“ literarisch seziert hat, wird dort heute Abend aus seinem neuen Roman Liquidation lesen. Jana Babendererde
Lesung Imre Kertész: heute, 20 Uhr, Kampnagel Hamburg; Ausstellung: Di–Do 10–18 Uhr, Fr–So 10–19.30 Uhr, Kampnagel; bis 28.3.; Katalog 30 Euro; Film „Jenseits des Krieges“: 31.1., 20 Uhr + 1.2., 14 + 16 Uhr, Alabama; Lesung Handlungsspielräume: Befehl ist nicht Befehl: 2.2., 20 Uhr, Kampnagel, k6; weitere Filme und Veranstaltungen des Begleitprogramms siehe www. verbrechen-der-wehrmacht.de
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