piwik no script img

Alarm in Neumünster

In der schleswig-holsteinischen Stadt wird morgen die Wehrmachts-Ausstellung mit umfangreichem Rahmenprogramm eröffnet. Militante Neonazis drohen mehrere Protest-Aufmärsche an

von PETER MÜLLER

Die Polizei in Neumünster befindet sich in Alarmbereitschaft. Grund: Am Freitag öffnet in der Begegnungstätte „kiek in“ die für Furore sorgende Ausstellung „Verbrechen der deutschen Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941 bis 1944“ des Hamburger Instituts für Sozialforschung ihre Pforten. Die multimediale Schau ist nach einem heftigen Expertenstreit um vermeintliche zeitdokumentarische Fehler mittlerweile komplett überarbeitet worden. Der Ansatz ist aber geblieben: Aufklärung über die Rolle der Wehrmacht im Nationalsozialismus und ihre verbrecherischen Tendenzen während „Sonderaktionen“ bei der Judenverfolgung.

In Neumünster – Domizil des neofaschistischen Rechtsrock-Treffs „Club 88“ – sind mehrere Neonazi-Aufmärsche angekündigt. Im Vorfeld hatte es im vorigen Herbst heftige Kontroversen gegeben. Der Stadtrat hatte die Ausstellung mit der Mehrheit von SPD und Grünen als Zeichen der Zivilcourage in die Stadt geholt. CDU-Rats-Fraktionschef Peter Jessen sorgte sich um das Image der Stadt: „Neumünster ist eh schon bekannt für den Club 88, da muss man mit der Wehrmachtsausstellung nicht noch einen draufsetzen.“

In der Tat nehmen militante Neonazis die Ausstellung zum Anlass zu Protestmärschen. Bereits an diesem Samstag soll die Stadt stundenlang belagert werden. Dem wird sich der „Runde Tisch für Toleranz und Demokratie“ unter dem Motto „Frieden und Wahrhaftigkeit“ mit Veranstaltungen entgegenstellen.

Und für den 19. April haben militante Neonazis unter dem Deckmantel des Ausstellungs-Protestes einen weiteren Aufmarsch androht. Doch da wird es wohl im Kern mit Sicherheit um etwas anderes gehen: Der 20. April ist „Führers Geburtstag“.

Wehrmachtsausstellung: Kiek in, Gartenstr. 32, 4. April bis 8. Mai, tgl. 10-18 Uhr, Do. 10-20 Uhr. Infos: www.kiek-in-nms.de, www.verbrechen-der-wehrmacht.de. Eintritt: Erw. 5, erm. 3,50, Schüler in Schulklassen 1,50 Euro. Veranstaltungen des Runden Tisches: www.neumuenster.de/Wehrmachtsausstellung/Rahmenprogramm.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen