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USA IM IRAK, DIE ERSTE: SO IST DEMOKRATISIERUNG MÖGLICHEin guter Ansatz

Nur äußerlich kommt Jay Garner hemdsärmlig daher: Der amerikanische Exgeneral, der den Wandel des Irak zu einer freiheitlichen Demokratie in die Wege leiten soll, versteht es sehr gut, sich seinen irakischen Gesprächspartnern nicht als Besatzer zu präsentieren.

Das zweite Treffen Garners mit irakischen Vertretern in Bagdad machte dies deutlich. Mancher Teilnehmer mag daran gedacht haben, wie anders eine Versammlung unter dem vorherigen Regime abgelaufen wäre. Allen Beteiligten dürfte klar sein, dass dieses Land nicht von heute auf morgen parlamentarische Demokratie nach westlichem Vorbild werden kann. Deswegen ist das Vorgehen von Garner klug. Hämische Bemerkungen von Kritikern, beim ersten Treffen in Nassirija habe es mehr Demonstranten als Teilnehmer gegeben, müssen relativiert werden: In Bagdad waren dreimal so viele Teilnehmer, und die Demonstranten protestierten nicht gegen das Treffen, sondern gegen den Ausschluss von demselben. Und auch Vertreter des in Teheran stationierten „Obersten Rates für die Islamische Revolution im Irak“ waren auf dem Treffen vertreten. Ein Zeichen, dass die Iraker ernst nehmen, was Washingtons Statthalter in Bagdad erklärt: Er werde nicht länger bleiben als nötig, die Iraker müssten ihre Geschicke selbst bestimmen.

Bis es so weit ist, ist noch ein langer Weg zu gehen. Der Ansatz aber ist richtig: Zuerst einmal in kleineren Konferenzen Vertrauen schaffen, auf einer größeren Konferenz den Grundstein für die freie Wahl einer Interimsregierung legen.

Wie der Irak der Zukunft aussehen wird, dürfte sich dabei langsam und behutsam herauskristallisieren; jetzt schon aber steht fest, dass die verschiedenen Volksgruppen ihren Anteil an der Macht fordern und bekommen werden, dass also die Schiiten künftig die wichtigste Rolle spielen werden. Das mag Washington nicht gefallen, weil es den Einfluss des Iran fürchtet. Aber ein Gelingen des Wandlungsprozesses wird gleichzeitig gerade von der Bereitschaft Washingtons abhängen, den Irakern nichts gegen ihren Willen aufzuzwingen. Dies könnte sich noch als größte Herausforderung für Washington erweisen. PETER PHILIPP

Der Autor ist Nahostexperte der Deutschen Welle

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