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„Die Verzichtsbereitschaft ist sehr hoch“

Doris Janshen, Direktorin des Instituts für Geschlechterforschung an der Uni Essen-Duisburg, über die neue Frauenrolle

taz: Arbeitslose Frauen werden zu Tagesmüttern – eine Qualifizierungsmaßnahme wie viele andere?Doris Janshen: Nein. In Krisenzeiten wird der Anteil der Frauen am normalen Erwerbsleben drastisch zurückgefahren, das ist eine historische Tatsache. Nach der Wende wurden Ingenieurinnen im Osten systematisch in schlechter bezahlte Sozialarbeiterinnenjobs gedrängt – hier sind es jetzt Tagesmütter. Das sind alles die so genannten Sackgassenberufe, bei denen es keine Chance gibt, aufzusteigen, zum Beispiel auch Arzthelferinnen.

Wenn der Aufschwung kommt, dürfen auch Frauen wieder Karriere machen?Nicht unbedingt. Jede gesellschaftliche Entwicklung hat Einfluss auf den Stand der Gleichberechtigung: Jeder Krieg zum Beispiel, das war auch beim Kosovo- und Afghanistankonflikt so, schwächt die sozialen Bewegungen und fördert konservative Geschlechterpolitik: Männer sind starke Krieger, Frauen vor allem Mütter, nicht mehr die gleichwertigen Geliebten.

Kann man diesen Trend stoppen?

Der Staat könnte zumindest dafür sorgen, dass Frauen einen anderen Weg einschlagen können. Er muss zum Beispiel Kinderbetreuung subventionieren und bei allen leeren Staatskassen trotzdem Programme auflegen. Dass das möglich ist, zeigt Schweden. Das Land ist genauso pleite wie Deutschland, aber während des Vaterschaftsurlaubs kriegen Männer 80 Prozent ihres bisherigen Einkommens. Und so gehen fast genauso viele arbeitende Schweden in die Kinderpause wie Schwedinnen.

Warum regt sich gegen diese alten Rollenvorstellungen so wenig Widerstand?

Die Verzichtsbereitschaft ist sehr hoch. Junge Frauen bemerken die Stereotype nicht mehr, die ihnen entgegenschlagen, sie üben auf sich selbst den größten Druck aus: Klar wollen sie Karriere, aber auch Kinder und sexy sein. Diese Generation ist im Vergleich zu fast allen Ländern dieser Welt unglaublich großzügig groß geworden. Erst sehr spät bemerken die jungen Frauen, dass sie nicht die gleichen Chancen haben. Erst nach dem Studium wird klar: Kind und Karriere kann ich nicht vereinbaren und Männer kriegen die besseren Jobs. INTERVIEW: ANNIKA JOERES

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