: Space-Shopping kommt nicht
Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) zieht Bilanz – und redet Klartext: Aus dem Shopping-Center im Space Park wird nichts, Bremens Staatsfinanzen werden 2005 nicht saniert sein. Hattig will keine Emotionen mehr, sondern politische Aufklärung
taz ■ „Gehen Sie einmal davon aus, dass ich bemüht bin, den Lärm des Wahlkampfes von der Qualität einer Sache zu unterscheiden“, erklärte Bremens Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) gestern bei einer Presserundfahrt auf der Senatsbarkasse. Mit dem derzeitigen Wahlkampf ist er überhaupt nicht zufrieden: „Unterscheiden sich CDU und SPD?“ Jeder zweite würde da sagen: Nein. Anstatt politischer Willensbildung würden die Parteien „emotionalen Reflex“ organisieren, gewählt würde nach „Stimmungen und nicht nach Einsicht“.
Stolz präsentierte der frühere Becks-Manager dagegen eine kleine Bilanz seiner sechsjährigen Tätigkeit als Poliker. „Der Standort ist wesentlich verbessert. Es wird investiert. Bürger und Unternehmer haben Vertrauen in den Standort und seine Politik.“ Beim Wirtschaftswachstum erwartet er für dieses Jahr „etwas über null, mehr als der Bund“. Dabei macht er sich nichts vor: Bremen hängt am Bundestrend, die eigenen Möglichkeiten sind gering. Bremen habe es geschafft, dass seine Wirtschaft in den letzten Jahren „im guten Bundesdurchschnitt“ wuchs, immerhin. Reicht das? Wird Bremen ohne die Millionen vom Bund im Jahre 2005 einen „verfassungskonformen Haushalt“ aufstellen können, in dem nur die Investitionen über neue Kredite finanziert werden? „Das ist nicht machbar“, sagt Hattig erstmals glasklar. Seine persönliche Meinung sei das, fügt er schnell hinzu, „nicht die Meinung des Senats“.
Auf Unterstützung des Bundes bleibe Bremen aber angewiesen. „Wie kann ein solches Land auf Dauer existieren?“, formuliert Hattig die Frage mit Blick auf 120.000 Pendler und, zum Beispiel,die hohen Hafenlasten.
Radikal ist Hattig auch in der internen Bilanz. Das Musical? „Das würden wir heute nicht mehr tun“, sagt er. Als er Senator wurde, da „lag das auf dem Tisch“. Dass nun das Theater die Adresse am Richtweg als Ausweichstandort nutzen könne, ist für ihn nur ein schwacher Trost.
Die Planung für das Space Park-Projekt „lag auch auf dem Tisch“, er habe nur dazu beigetragen, dass das Einkaufszentrum zum Entertainment-Programm dazu kam. Die Konjunktur des Einzelhandels lasse das heute jedoch nicht mehr zu, sagt Hattig. Und: „Der Shopping-Bereich wird nicht als Einkaufszentrum gestaltet“. Punktum. Das quälende Gerede von der Suche nach einem „Ankermieter“ beendet Hattig mit einem klaren Wort. Derweil ist er froh, dass wenigestens das Space Center im Dezember eröffnet wird. Für den anderen Teil des Bauwerkes müsse „etwas völlig Neues“ her, eine „völlig neue Denke“, möglichst auch ein Projekt mit „Alleinstellungscharakter“. Warum nicht ein modernes, dem Internet-Zeitalter entsprechendes „Autoverkehrszentrum“? Oder ein Ort für spektakuläre Event-Veranstaltungen? Hattig deutet an, dass er mit der Allianz darüber geredet hat – die sei nach der verabredeten Arbeitsteilung zuständig.
Hattig hat offenkundig Spaß an seinem Job. Würde er weitermachem, wenn man ihn darum bitten würde? „Ich beantworte die Frage nicht“, sagt er entwaffnend offen. Den „preußischen Teil der Pflicht“ habe er erledigt und „bewiesen, dass jemand aus der Wirtschaft sowas kann“. Und dann wiederholt der 71-Jährige: „Ich denke selbstverständlich heute auch darüber nach, wie ein anderer Lebensrhythmus aussehen könnte“. kawe
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen