: „Log“ Perschau?
FDP fordert Rücktritt des Finanzsenators. Der will zu der „Wahrheit“ seines Senatskollegen Hattig nichts sagen
taz ■ Der Arbeitskreis Steuerschätzungen hat gestern seine aktuellen Prognosen zur Entwicklung der Steuereinnahmen im Finanzplan-Zeitraum 2003/2007 vorgelegt. Danach, so teilte Bremens Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) mit, müssen Bremen und Bremerhaven im laufenden Jahr mit 47 Millionen Euro weniger rechnen. Für 2004 fehlen 73 Millionen Euro im Vergleich zur bisherigen Planung. Bremen werde diese „nicht selbst zu verantwortende Einnahmelücke zunächst durch zusätzliche Kreditaufnahme schließen“, teilte Perschau mit.
Das Wörtchen „zunächst“ hat einen weitreichenden Hintergrund: Bremens Finanzsenator geht davon aus, dass die gesamte Summe „durch den Kanzlerbrief gedeckt“ ist und aufgrund der Zusage des Bundeskanzlers, dass Bremen keine Nachteile durch die Steuerreform haben solle, später ausgeglichen werden müsse. Mit dieser Interpretation des Schröder-Briefes begründet Perschau auch seine immer wieder geäußerte Überzeugung, dass im Jahre 2005 ein verfassungskonformer Haushalt möglich sei, wenn eben „die Zusagen aus dem Kanzlerbrief eingelöst werden“. Zweite Bedingung ist, dass die Bremer Jahresetats für 2004 und 2005 jeweils um 1,9 Prozent „abgeschmolzen“ werden. Das sei eine „äußerst harte Aufgabe“, sagt Perschaus Sprecher Stefan Luft. Dass die aktuelle Prognose von einen Wachstum von 0,75 Prozent in diesem Jahr ausgeht, sei dabei „sehr optimistisch“, meinte Perschau.
Zu der Auffassung des Wirtschaftssenators Josef Hattig (CDU), ein „verfassungskonformer Haushalt“ im Jahre 2005 – das Ziel der Sanierung der Staatsfinanzen – sei „nicht machbar“, will sich Perschau nicht äußern. Es sei ihm nicht bekannt, wie Hattig das gemeint habe, erklärte Luft, da er nicht bei der Pressekonferenz war. Anscheinend haben die beiden CDU-Senatoren auch nicht unter vier Augen einmal ihre Auffassungen über diese Frage ausgetauscht.
Die Jungen Liberalen nehmen Hattigs Bemerkung zum Anlass, den Rücktritt von Perschau zu fordern. „Herr Perschau hat die Wähler bewusst belogen“, sagt Juli-Chef Philip Wilms. Perschau hatte auf Wahlkampf-Foren auch behauptet, die Eröffnung des Shopping-Bereiches im Space Park sei „nur eine Frage der Zeit“. Dies habe Hattig nun als „Schönrederei“ entlarvt.
Die Grüne Helga Trüpel sieht „Auflösungserscheinungen“ der Koalition: „Die eigenen Leute glauben nicht mehr an die ständigen Erfolgsmeldungen der beiden Bürgermeister.“ Es sei Zeit, dass auch der Gesamt-Senat „die Wahrheit sagt“. Für Claus Jäger, den Spitzenkandidat der FDP und früheren Wirtschaftssenator, stellt sich nach „Hattigs Offenbarungen die Frage der politischen Verantwortung.“
Klaus Rainer Rupp (PDS) wirft die Frage auf, wie viel Steuergelder „in der Investitionsruine vergraben sind“. Es sei jetzt „an der Zeit, die gesamte Investitionspolitik auf den Prüfstand zu stellen“. kawe
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen