piwik no script img

NachgefragtKaterstimmung nach Agenda 2010

„Der Kanzler zieht durch“

Sie gehörten zu den wenigen, die dagegen waren: Als die Bremer Delegierten auf dem Sonderparteitag der SPD am vergangenen Wochenende gegen die Agenda 2010 stimmten, da hatten sie die große Mehrheit der Sozialdemokraten gegen sich. Zwei Anträge zu den auch von den Bremern kritisierten Punkten habe es vor der großen Abstimmung gegeben, erzählt Joachim Schuster, einer der Bremer Delegierten. Der erste wandte sich gegen eine Kürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes – er wurde abgelehnt, mit ungefähr 60 zu 40 Prozent der Delegiertenstimmen. Ein weiterer Antrag, der sich gegen das Ende der paritätischen Finanzierung des Krankengeldes aussprach, hatte dann noch deutlicheren Gegenwind. Nur noch rund ein Viertel der Delegierten wollte die Beibehaltung der Parität. „Danach war klar: Der Kanzler zieht durch“, berichtet Joachim Schuster.

Schuster, der schlussendlich gegen die Agenda 2010 gestimmt hat, weil die Bremer SPD ihn mit genau diesem Auftrag nach Berlin geschickt hatte, bleibt gelassen angesichts konkreter Umsetzungen. „Meine Befürchtung ist eher, dass damit Schranken geöffnet werden, dass jetzt eine Forderung nach der anderen zum Sozialabbau kommt.“

Einer, der am Wochenende hier geblieben war, gab sich allerdings „enttäuscht“: Mario Domann-Käse, der in Bremen maßgeblich das gegen die Agenda gewandte Mitgliederbegehren vorangetrieben hatte, ärgert sich über andere Bremer Delegierte, so unter anderem Max Liess, der sich nicht an das Bremer Votum gehalten hatte. Ein solches Verhalten findet Domann-Käse „ein bisschen schwach.“ Dem noch laufenden Mitgliederbegehren geben Domann-Käse und Schuster keine Chance mehr: Nach diesem Parteitag sei da „die Luft raus.“

Max Liess, SPD-Chef in Bremen-Nord, verteidigt indes sein Wahlverhalten: „In der Gesamtabwägung dessen, was die Agenda zu bieten hat, habe ich ihr zugestimmt.“ sgi

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen