ROT-GRÜN MUSS BEIM SUBVENTIONSABBAU DIE ÖKOLOGIE BERÜCKSICHTIGEN: Die Rasenmäher-Methode hilft nicht
Kaum hat Gerhard Schröder die SPD hinter seine Agenda 2010 geschart, muss sich die Bundesregierung erneut der Aufgabe zuwenden, den Bundeshaushalt ins Lot zu bringen – mittels Subventionsabbau. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Peer Steinbrück und sein hessischer Kollege Roland Koch haben vorgeschlagen, innerhalb von drei Jahren 10 Prozent aller Subventionen nach der Rasenmäher-Methode abzubauen. Doch das funktioniert nicht. Ein Beispiel: Die Fluggesellschaften müssen keine Mineralölsteuer und im grenzüberschreitenden Verkehr auch keine Mehrwertsteuer zahlen. Eine lediglich 10-prozentige Reduzierung dieses Steuerprivilegs wäre nicht nur willkürlich, sondern auch EU-rechtlich nicht möglich. Derartige Steuerprivilegien müssen vollständig gestrichen werden. Auch wenn die großen Parteien immer noch zögern: Es müssen gezielt umweltschädliche Subventionen für Neubauten auf der grünen Wiese, für Pendler, die Steinkohle, den Atomstrom und den Flugverkehr beschnitten werden.
Die Eigenheimzulage ist mit 9,5 Milliarden Euro der größte Brocken. Bis jetzt wird der Neubau doppelt so hoch gefördert wie der Erwerb einer Altbauwohnung. Zersiedelung, noch mehr Verkehr und Verödung der Innenstädte sind die Folge. Wenn in 30 Jahren die Bevölkerungszahl in Deutschland sinkt, werden diese Immobilien stark an Wert verlieren und nur noch eingeschränkt als Altersvorsorge brauchbar sein. Im April lehnte die Union die geplante Reduzierung der Eigenheimzulage noch ab. Inzwischen bereuen das viele Unionspolitiker. Merkel, Koch und Stoiber müssen dafür sorgen, dass beim nächsten Anlauf keine populistische Blockadefront aufgebaut wird. Denn auch den Bundesländern sind die Steuereinnahmen weggebrochen.
Die Grünen haben gestern ein Bündel mit Vorschlägen zum Abbau umweltschädlicher Subventionen präsentiert. Auch die Entfernungspauschale für Pendler steht mit 3 bis 4 Milliarden Euro auf der Streichliste. Und das mit gutem Recht: In keinem anderen Land werden die Pendler so großzügig subventioniert wie in Deutschland. Sozial ist das nicht, denn Spitzenverdiener erhalten bei gleicher Wegstrecke fast doppelt so viel vom Fiskus wie Geringverdiener. Der bündnisgrüne Vorstoß war überfällig, denn bisher setzt die Agenda 2010 keine ökologischen Akzente. Jetzt stehen harte Monate bevor, in denen die Union im Bundesrat zu Kompromissen bewegt werden muss. Eichel darf nicht vergessen: Es geht zwar um viele Milliarden, aber nicht nur ums Geld – es geht auch darum, in der Finanzpolitik endlich ökologische Belange zu berücksichtigen. MATTHIAS SEICHE
Der Autor ist Referent für Finanzpolitik beim BUND
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