: Falsche Polizisten suchen Identität bei der PDS
15 verkleidete Aktivisten erinnern die PDS an den Koalitionsvertrag. Vereinbarte Kennzeichnung der Polizei fehlt
„Polizei! Machen Sie die Tür auf!“, ruft der junge Mann in grauer Hose, Handschuhen und grünem T-Shirt mit „Polizei“-Aufdruck. Mit „Hopp, hopp, hopp“-Rufen war er gestern Morgen mit einem 15-köpfigen grünen Trupp ins Foyer der PDS-Zentrale am Rosa-Luxemburg-Platz gedrungen. Ein leicht verwirrter Pförtner hatte so seine Zweifel und verschloss erst mal die Glastür zum Obergeschoss.
„Wir machen hier eine alternative Hausdurchsuchung, weil wir unsere versprochenen Namensschilder suchen“, sagt einer der als Polizisten verkleideten Aktivisten der Initiative „mai-steine“. „Der rot-rote Senat hat eine Koalitionsvereinbarung zur Kennzeichnungspflicht von Polizisten getroffen. Jetzt wollen wir sie haben.“ Doch die Suche nach Identität per Schild bleibt ohne Erfolg – alle Büros sind verrammelt.
„Heute Morgen hat uns ein anonymer Anrufer gewarnt, da haben wir sofort reagiert“, sagt PDS-Sprecher Axel Hildebrandt. Auch die Partei-Jugendorganisation „’solid“ lehnte das „martialische Auftreten der Aktivisten“ ab – obwohl sie das Gleiche fordert.
„Immer wieder müssen wir Polizeiübergriffe bei Demonstrationen beobachten“, klagt eine falsche Polizistin. „Wir können aber nur schwer was dagegen tun, wenn die Polizisten anonym bleiben. Hätten sie ein Schild an der Uniform, würde das manche vielleicht vom Schlagen abhalten.“ Sie fürchtet, dass gerade am 1. Mai Staatsgewalt unkontrolliert bleibt – vor allem bei möglichen Übergriffen. „Das diesjährige Polizeikonzept macht mir große Sorgen, weil den Einheiten mehr Eigenständigkeit im Einsatz zufallen soll.“
Geschlossene Einheiten, wie sie bei Demos zum Einsatz kommen, sind laut einer Geschäftsanweisung der Polizei vom Mai 2003 vom Schildtragen explizit ausgenommen. „Das Schildtragen bleibt freiwillig und gilt im Wesentlichen nur für den polizeilichen Einzeldienst wie auf der Wache. Bei speziellen Einsätzen wie am 1. Mai bleibt das aber weiterhin ausgeschlossen“, erklärt Eberhard Schönberg, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei. Hier bestehe sonst die Gefahr, dass Beamte gezielt identifiziert werden und dann private Folgen zu tragen hätten. Die Hauptsorge des GdP-Chefs: „Ich befürchte, dass politisch motivierte Demonstranten dieses Jahr wieder stärker aktiv werden und möglicherweise gegen die Schickimicki-Veranstaltungen zur EU-Erweiterung am Gendarmenmarkt protestieren wollen.“ Darauf stelle sich die Polizei derzeit ein – mit Helm und Schild, aber denen ohne Namen drauf. TOBIAS VON HEYMANN
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