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Polizei zerstört Wohnmobile

Mit Wasserwerfern und Schlagstöcken löste die Polizei in Hamburg eine Demonstration von Bauwagenbewohnern auf. Bilanz: 112 Festnahmen und eingeschlagene Scheiben

HAMBURG taz ■ Die Hamburger Polizei hat am Sonnabend 95 Wohnmobile demoliert, aufgebrochen, kurzgeschlossen und abtransportiert. 230 Bauwagenbewohner aus ganz Deutschland und dem Ausland hatten am Morgen nach Auffassung der Polizei rechtswidrig die Hafenstraße belagert, um für mehr Bauwagenplätze in der Hansestadt zu demonstrieren.

Zehn Jahre nachdem das Problem um die dort ehemals besetzten Häuser gelöst wurde, ist die Hafenstraße wieder in den Schlagzeilen. Die Demonstranten wollten vor allem für ein Areal für die vor eineinhalb Jahren geräumte Bauwagengruppe Bambule erkämpfen. Die Beamten räumten die Hafenstraße mit Gewalt und stellten die Fahrzeuge gegen den Widerstand der Demonstranten sicher. Bilanz des Einsatzes: 112 Personen wurden festgenommen, der Sachschaden, den die Polizisten an den Wohnmobilen anrichteten, war erheblich.

„Einmal im Leben pünktlich sein!“, lautete das Motto der Rollheimer-Demonstration, zu der Leute aus der Bauwagenszene unter anderem aus Frankfurt, Berlin, Köln, Freiburg und Amsterdam um 7 Uhr früh an den Hafenrand gekommen waren.

Der Befehl zum Räumen der Hafenstraße kam für Hamburgs Polizei überraschend. Erst vor einem guten Monat hatte CDU-Bürgermeister Ole von Beust die Räumung des Bauwagenplatzes „Henriette“ in Hamburg-Eimsbüttel für 18 Monate ausgesetzt. Ein Signal, das allgemein als Abkehr von der harten Linie des Senats in der Bauwagenfrage verstanden worden war. Zuvor waren nach der Regierungsübernahme von Beusts und seines damaligen Innensenators Ronald Schill im September 2001 mehrere Bauwagenplätze in der Stadt geräumt worden, so der Platz „Bambule“ im alternativen Karoviertel im Oktober 2002. Diese Räumung hatte zahlreiche Proteste in der Stadt nach sich gezogen, rund fünfzigmal wurde seitdem in Hamburg für Bambule demonstriert. Der Name entwickelte sich zu einer Art Symbol des Protestes gegen die Sozial- und Stadtentwicklungspolitik des von Beust-Senats. Im Dezember 2002 gingen bei der größten Bambule-Demonstration mehr als 10.000 Menschen auf die Straße. Das polizeiliche Vorgehen vom Samstag fällt in die alten Muster des Senats zurück: Obwohl die Veranstalter von Anfang an erklärten, dass es sich um ein befristete Straßenfest handeln würde, griff die Polizei mit aller Härte durch: Mit Wasserwerfern im Rücken schritten die Beamten am Vormittag ein und drängten die Eigentümer der mobilen Wohnunterkünfte ab. Die Seitenscheiben der Fahrzeuge wurden eingeschlagen, Lenkradschlösser zerstört, um die Fahrzeuge dann kurzzuschließen. Zum Teil wurden auch Inneneinrichtungen der Bauwagenmobile demoliert.

KAI VON APPEN

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