: EU will Druck erhöhen
KIEW/BERLIN ap/afp/rtr ■ Wer für den Totalstopp der Gaslieferung durch die Ukraine verantwortlich ist, blieb am Mittwoch unklar. „Es war die Entscheidung der russischen Seite, alle Gaslieferungen nach Europa zu stoppen“, sagte der Chef der staatlichen ukrainischen Gesellschaft Naftogaz. Russland habe um 6.44 Uhr die Lieferung von Gas für Europa über die Ukraine eingestellt. Russland hingegen gab der Ukraine die Schuld. Das Land habe in der Nacht die letzte bislang geöffnete Pipeline geschlossen, sagte der Vizechef des russischen Staatskonzerns Gazprom, Alexander Medwedjew. Als Reaktion habe der russische Regierungschef Wladimir Putin den sofortigen Stopp der Lieferungen in das Nachbarland angeordnet, berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax. An diesem Donnerstag sollen die Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew weitergehen.
Die Europäische Union forderte die Regierungen in Russland und der Ukraine in scharfer Form auf, die Wiederaufnahme der Erdgaslieferungen in die EU-Staaten zu ermöglichen. Die tschechische Ratspräsidentschaft rief Moskau und Kiew am Mittwoch auf, ihren Streit bis Donnerstag zu beenden, und warnte vor einer Belastung der Beziehungen zur EU. Die EU-Kommission schlug zudem eine Beobachtermission vor, die in der Ukraine die aus Russland ankommenden Gaslieferungen messen soll. Dies sei möglich, „wenn die Situation es erfordert und die Parteien es verlangen“.
Hintergrund des Streits sind zum einen wirtschaftliche Fragen: Russland will von der Ukraine einen höheren Preis für das Erdgas: Während Westeuropa derzeit rund 400 Euro pro 1.000 Kubikmeter zahlte, bezog die Ukraine Gas bisher für einen ermäßigten Tarif von 180 Euro. Diesen wollte Russland ab 2009 auf 250 Euro erhöhen. Weil die Ukraine diesen Preis angesichts der Wirtschaftskrise nicht bezahlen konnte, versuchte sie ihrerseits die Gebühren für die Durchleitung des russischen Gases zu erhöhen. Daraufhin steigerte Moskau die Forderung auf 450 Euro. Zugleich hat der Streit auch eine politische Dimension: Russland missbilligt den Westkurs von Präsident Viktor Juschtschenko, der mit der Ukraine der Nato beitreten will.
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