piwik no script img

„Das macht sich gut im Fernsehen“

Der israelische Terrorexperte Schalom Harari räumt den Phosphoreinsatz ein. Doch ob Zivilisten verletzt wurden, müsse erst geklärt werden

SCHALOM HARARI ist israelischer Brigadegeneral der Reserve und arbeitet am Institut für Counter-Terrorism am Interdisziplinären Zentrum in Herzlia.

taz: Herr Harari, Amnesty International bestätigt den Einsatz von Phosphorbomben im Gazastreifen. Hat Israel solche Bomben eingesetzt?

Shalom Harari: Amnesty International ist für mich keine zuverlässige Quelle. Ich verfolge, was die Armee sagt. Dort heißt es, dass 20 Phosphorbomben eingesetzt wurden zur Beleuchtung eines Gebietes. Ob dabei Menschen getroffen wurden, muss noch geklärt werden. Deshalb wurde eine Untersuchungskommission eingesetzt.

Welche Bomben könnten sonst die Verbrennungen verursacht haben, über die Ärzte in Gaza berichten?

Ich sehe die ganze Zeit den arabischen Kanal al-Dschasira oder die Hisbollah-Station. Da gibt es jeden Tag neue Geschichten und neue Interpretationen. Vor zwei Tagen hieß es, dass Israel Uranium eingesetzt habe. Ex-PLO-Chef Jassir Arafat hat uns das schon vor Jahren vorgeworfen. Dazu muss man wissen, dass es um sogenanntes verdünntes Uranium geht, ein Metall, das keinerlei gefährliche Strahlungen abgibt. Das ist ein erlaubter Stoff. Was passiert in den arabischen Propagandasendern? Die konzentrieren sich auf das Wort „Uranium“, und nach zwei Tagen fangen alle Ärzte an, dasselbe Lied zu singen. Dasselbe passiert heute mit dem Phosphor.

Worum soll es sich denn bei den Bomben handeln, die wie Phosphorbomben aussehen?

Das sind Rauchbomben mit Brennstoffen, die aber kein Phosphor enthalten und auch nicht am Körper kleben bleiben,wenn man damit in Kontakt gerät. Das Ganze macht sich gut im Fernsehen. Die Kameras, die in Sderot postiert waren, konnten kaum etwas anderes aufnehmen als diese Rauchbomben. Hier ist die Geschichte vom Phosphor entstanden.

Noch mal: Woher sollen dann die schweren Brandwunden kommen, die in den Krankenhäusern in Gaza behandelt werden?

Es gab Explosionen, Brände. Haben Sie schon mal Verletzte gesehen nach einem Terroranschlag?

Ärzte und Patienten beschreiben die Wunden nicht als normale Verbrennungen …

… es wäre nicht das erste Mal, dass palästinensische Krankenhäuser für Propagandazwecke missbraucht werden. Die Hamas hat die Kontrolle. Sie bestimmt, wann und was gefilmt wird. Sie sagt dem Arzt, was er aussagen soll.

Wäre es da nicht das Einfachste, eine internationale Untersuchungskommission zu schicken, die die Sache überprüft?

Vielleicht. Das müssten die Regierung und die Armee entscheiden. Ich weiß nur so viel: Wenn ein palästinensischer Arzt „guten Morgen“ sagt, sollte man sofort zum Fenster rennen.

Warum das denn?

Um zu gucken, ob da nicht der Mond und Sterne am Himmel stehen.

INTERVIEW: SUSANNE KNAUL

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen