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DAS ERNÄHRUNGSBEWUSSTSEIN SCHWINDET, BESONDERS BEI DEN JÜNGERENDas dicke Ende

Der Deutsche isst wieder schlechter. Das hat die Wissenschaft in vier großen Studien von 1984 bis 2001 entdeckt. Weniger Obst und Gemüse, weniger Kartoffeln und Vollkorn, mehr Schokolade und Süßigkeiten. Es geht bergab. Und mit den Pfunden bergauf.

Ob eine gesunde Kost tatsächlich so aussieht, wie sie sich der Ernährungswissenschaftler vorstellt, soll mal außen vor bleiben. Nur so viel: Einige Dogmen von gestern, etwa zu Ballaststoffen oder Cholesterin, sind heute heftig am Wackeln. Dennoch ist der Grundthese vom ungesunden Essen vor allem bei Jüngeren zuzustimmen. Dazu braucht es keine große Umfragen, in denen die Kohorte ohnehin lügt, dass sich die Salzstangen biegen. Wer würde zugeben, dass er pro Woche 34 Dosen Bier, 8-mal Pommes rotweiß und 6 Tüten Knabberzeugs weghaut – was nicht mal selten ist. Aber schon eine Fahrt mit der U-Bahn, der tägliche Blick auf die Epidemie der Adipositas, genügt.

Die Auflösung geregelter Tisch- und gemeinsamer Mahlzeiten sind der Kern einer Entwicklung, die im bewegungslosen dicken Kind vor Chipstüte und Glotze ihren zeitgemäßen Ausdruck findet. Wir essen immer öfter zwischendurch, im Stehen, im Gehen, aushäusig. Und noch dazu schlecht, schnell, viel und billig. Zudem bringen künstliche Aromen, Süßstoffe, der ganze industrialisierte Massenfraß unsere Körpermusik durcheinander. Das sensible Zusammenspiel von Nahrungsmitteln, ihrem Geschmack und der dadurch initialisierten Körperchemie funktioniert nicht mehr.

Auch die Verkaufserfolge der Kochbücher sind ein sicheres Indiz für den Negativtrend. Kochbücher sind wie Hometrainer. Man kauft sie als Ersatz, weil man in Wahrheit kaum noch selber kocht. Nicht einmal die Hälfte der deutschen Frauen kann eine Rindsroulade zubereiten, von den Männern gar nicht zu reden. Die Wissenschaft konzentriert sich weiter auf die Zusammensetzung der Speisen. Doch das eigentliche Drama geht tiefer. Wir schenken dem Essen keine Zeit, keine Wertschätzung, keine Geselligkeit und kein Geld.

MANFRED KRIENER

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