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Die Sache mit den Kreuzen

Nach gut acht Jahren vor Gericht: Internist soll für den privaten „Arztnotruf 19242“ nicht erbrachte Leistungen abgerechnet haben. Der Beklagte findet, das sei gängige Praxis

In einem der spektakulärsten Gerichtsprozesse der vergangenen Jahre trat er als Zeuge auf. Gestern interessierte sich kaum noch jemand für Dr. Klaus K., als dieser vor dem Amtsgericht St. Georg erschien – als Angeklagter.

Betrug in 58 Fällen wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor: Zwischen Mai und Juli 1996 soll K. als Arzt „eines privatärztlichen Notdienstes“ und „im Zusammenwirken“ mit dessen Geschäftsführer „entgegen der jeweils geltenden Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) Patienten überhöhte Kosten für ambulante privatärztliche Notfallversorgung in Rechnung gestellt“ haben. Entstanden sei so ein Schaden von knapp 5.000 Mark.

Bei dem Notdienst handelte es sich um den bundesweit agierenden „Arztnotruf 19242“, dessen Geschäftsführer Dr. Tammo Bialas derzeit eine Haftstrafe von 34 Monaten absitzt – unter anderem wegen Betrugs in 839 Fällen. Vier Jahre lang darf der Sohn eines früheren Hamburger Gesundheitssenators den Arztberuf nicht ausüben. Damit war im Februar 2003 vor dem Landgericht einer der aufwändigsten Prozesse Hamburgs zu Ende gegangen.

Damals hatte K. ausgesagt, die ärztlichen Mitarbeiter des Notdienstes seien durch den Geschäftsführer „ermutigt“ worden, „die Möglichkeiten der Gebührenordnung auszuschöpfen“, also medizinisch nicht erforderliche, kostspielige Behandlungsmaßnahmen anzuwenden.

Nachdem er sich mehrfach über diese Methoden beschwert hätte, so K. gestern, habe er nach nur zwei Monaten den Notdienst bereits wieder verlassen. Von einem „bewussten und gewollten Zusammenwirken“ mit Geschäftsführer Bialas, wie es ihm die Staatsanwaltschaft zur Last legt, könne keine Rede sein, so K. aufgewühlt. Er bezeichnete es als „Farce“ und „absurd“, dass er nun für etwas vor Gericht stehe, „das täglich tausendfach geschieht“.

Er habe keine Leistungen abgerechnet, die er nicht erbracht habe – vielmehr seien in den entsprechenden Formularen nachträglich weitere Maßnahmen als durchgeführt eingetragen worden. „Dieses Kreuz“, so K. über ein ihm von der Richterin vorgehaltenes Formblatt, „habe ich nicht gemacht.“

Der Staatsanwalt erinnerte K. daran, dass er bereits 2002 im Bialas-Prozess eingeräumt habe, wenigstens eine der bei seinen Notfall-Einsätzen in Rechnung gestellten Maßnahmen sei „unbestreitbar nicht gerechtfertigt“ gewesen. Um ein weiteres langwieriges Verfahren – und die Zeugenvernahme aller 58 betroffenen Patienten – zu vermeiden, regte der Staatsanwalt die Einstellung gegen Zahlung einer Geldbuße an: 900 Euro muss K., der sich als arbeits- wie mittellos bezeichnete, für einen guten Zweck spenden. Obwohl „weit entfernt von einem Schuldeingeständnis“, wie er betonte, ließ der Arzt sich darauf ein.

Alexander Diehl

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