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Dreschers Abschiedsgeschenk

Oberhausens Oberbürgermeister Burkhard Drescher (SPD) hat die Baugenehmigung zur Erweiterung des Centro erteilt. Gegnern aus Bezirksregierung und Nachbarstädten bleibt nur noch Klageweg

AUS OBERHAUSENKLAUS JANSEN

Es war Burkhard Dreschers letzte Amtshandlung: Sechs Tage vor seinem Ausscheiden aus dem Rathaus hat Oberhausens SPD-Oberbürgermeister der „Neue Mitte Projektentwicklung GmbH“ die Baugenehmigung für die Erweiterung des Einkaufszentrums Centro um 15.000 Quadratmeter Verkaufsfläche erteilt. Zuvor hatte der Stadtrat einstimmig einem neuen Bebauungsplan zugestimmt, der eine Erweiterung um 30.000 Quadratmeter vorsieht. Nun droht ein langer Rechtsstreit mit Oberhausens Nachbarstädten und der Düsseldorfer Bezirksregierung, die Drescher angewiesen hatte, keine Baugenehmigung zu erteilen.

Nach Auffassung der Kommunalaufsicht verstößt die Baugenehmigung für das Centro gegen geltendes Recht – Einzelhandelsflächen mit mehr Verkaufsfläche als das bislang 70.000 Quadratmeter große Centro seien mit landesplanerischen Vorgaben nicht vereinbar, sagt der Vize-Regierungspräsident Jürgen Riesenbeck. „Wir werden die Baugenehmigung prüfen und handeln“, so Riesenbeck zur taz. Es sei damit zu rechnen, dass die Erlaubnis aufgehoben werde – bevor die ersten Bagger am Centro anrollen.

Wer sich in dem zu erwartenden Rechtsstreit mit wem auseinander zu setzen hat, ist eine Frage von Minuten. Dank eines Abschiedscoups sieht sich Drescher, der zum 1. Oktober in den Vorstand der RAG Immobilien wechselt, auf der sicheren Seite: Um 15 Uhr 50, sieben Minuten nach dem Ratsbeschluss, habe er die Baugenehmigung erteilt – erst um 16 Uhr, zehn Minuten später, habe ihn die anders lautende Weisung der Bezirksregierung erreicht. „Wenn die Bezirksregierung den Bau jetzt stoppen will, muss sie sich mit den Centro-Betreibern auseinander setzen – auch was mögliche Schadenersatzforderungen angeht. Das ist nicht mehr Sache der Stadt“, sagt Drescher. Jürgen Riesenbeck, der die Ratssitzung im Zuschauerraum verfolgte, bestreitet dies: „Ich habe die Weisung um 15 Uhr 43 an Dreschers Büroleiter übergeben“, sagt er.

Burkhard Drescher wird es auf einen Rechtsstreit ankommen lassen – der Ausbau der „Neuen Mitte“ und des Centros sind sein Baby, die Kernaufgaben seiner Amtszeit. 1.000 neue Arbeitsplätze bringe die Erweiterung. Das sei, trotz aller Kritik der Nachbarstädte, eine „Entscheidung für die Region“, sagt er. Zudem liege der in den Nachbarstädten befürchtete Umsatzverlust nur bei 0,7 Prozent. Der Bezirksregierung wirft Drescher „Planungsdiktatur“ und „Missachtung der kommunalen Planungshoheit“ vor. Die Behörde gehe mit „Instrumenten des preußischen Obrigkeitsstaats“ gegen die Entscheidung gewählter Ratsvertreter vor, so Drescher.

Das Land stellt sich hingegen hinter die Bezirksregierung: „Was die Stadt Oberhausen macht, erinnert an Methoden aus dem Wilden Westen“, kritisiert Städtebauminister Michael Vesper (Grüne). Sollte das Beispiel Schule machen, würden sich die Ruhrgebietsstädte gegenseitig ruinieren. „Ich hätte Burkhard Drescher einen besseren Abgang gewünscht“, so Vesper.

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