opel und karstadt: Sklerose der Unternehmen
Das sind üble Nachrichten. Für die Beschäftigten von Karstadt, die mit weniger Geld nach Hause gehen. Für die Angestellten, die sozialverträglich abgewickelt werden. Noch schlimmer bei Opel: Der Konzern General Motors will seine Sparpläne umsetzen, indem er tausende entlässt. Auch für die gesamte Wirtschaft werden die Aussichten mit solchen Entscheidungen nicht besser: Die Zahl der Arbeitsplätze geht weiter zurück, die Leute geben weniger Geld aus, es droht eine Abwärtsspirale. Keine guten Zeichen für den Aufschwung, der da kommen soll.
KOMMENTAR VON HANNES KOCH
Andererseits: Katastrophen sehen anders aus. Unternehmen wachsen – und sie schrumpfen. Karstadt und Opel sind beides Konzerne, die seit 100 Jahren und mehr zu den Erfolgreichen gehört haben. Was erwartet man? Irgendwann gehen nicht nur Menschen, sondern auch Organisationen die Ideen aus. Zumindest relativ betrachtet zu jungen Betrieben, deren Chefs – unbelastet von generationenlanger Tradition – eher wissen, was und wie die Leute kaufen wollen.
Deshalb braucht man jetzt nicht nach der Politik zu rufen – jedenfalls nicht im Sinne von „Rettet die Konzerne!“. Die retten sich schon selbst, schließlich ist es ihr Interesse, Geld zu verdienen. Wenn das möglich erscheint, werden sie es tun.
Anders allerdings könnte die Politik durchaus aktiv werden. Sie könnte den Unternehmen helfen, sich selbst zu modernisieren. Über die Verfassung der Konzerne muss man sprechen. Per Definition sind sie undemokratisch und despotisch organisiert, ihre Selbstkontrolle funktioniert meist nicht und die allmächtigen Vorstände können machen, was sie wollen. Ihre Steuerungskonzepte sind oft haarsträubend, ihre Zukunftsstrategien zufällig.
Da geht es nicht nur um Opel oder Karstadt, sondern auch um Siemens, DaimlerChrysler und die Deutsche Bank. Wer hunderttausende Menschen auf allen Kontinenten beschäftigt, kann nicht erwarten, dass er seinen Betrieb führen darf wie eine Schlosserei.
In die Aufsichtsräte der Konzerne gehört mehr Sachverstand. Per Gesetz müssen die Vertreter gesellschaftlicher Gruppen in den Kontrollgremien platziert werden. Die Stiftung Warentest weiß besser, was die Konsumenten wünschen, als Herr Graf XY vom Karstadt-Vorstand. Vielleicht kann auch der ADAC den Opel-Leuten sagen, wie ein Auto nicht aussehen sollte. Nicht nur die Politik braucht Demokratie. Auch die Wirtschaft.
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