: Ganz Berlin ein Winterwunderland
Der Senat schießt 3,3 Millionen Flocken in eine Werbekampagne, die den hiesigen Winter attraktiv machen soll.Zu der „Winterzauber“-Offensive gehören über 40 Weihnachtsmärkte und Kutschfahrten. Arme Hauptstadt-Touristen!
Was ist ein Winterzauber? Ein verschneiter Tannenwald vielleicht, eine Hütte, in der im Kamin die Holzscheite prasseln und der Duft von feinen Weihnachtsplätzchen durch die Luft schwebt. Vielleicht. Wenn es nach dem rot-roten Senat und seiner neuen Werbekampagne für Berlin geht, ist Winterzauber etwas anderes: Touristen, die nach Berlin schweben, über Weihnachtsmärkte bummeln, in gemütlichen Kneipen Extramenüs verzehren – kurzum: Geld ausgeben. Das mag zwar nicht so romantisch sein wie ein verschneiter Tannenwald – aber vom Träumen kann sich schließlich eine Stadt wie Berlin nicht viel kaufen. Und der Tourismus ist immerhin eine der wenigen Branchen, die boomt.
Immerhin drei Millionen Euro lässt sich der Senat die weltweite Winterzauber-Werbekampagne kosten, die Wirtschaft schießt rund 3,3 Millionen Euro dazu. Geld, das gut angelegt ist, wie Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) gestern betonte. Denn das Geld, das die Touristen in der Stadt ausgeben, landet zum Teil als Steuereinnahme in der Landeskasse. Insgesamt sei dies ein Vielfaches der Kosten für die Kampagne, so Wolf. Immerhin ein Mehr von 600.000 Übernachtungen soll die Werbe-Kampagne bringen.
Für die Kampagne haben die Werber tief in die Klischeekiste gegriffen: In Werbespots, auf Flyern und Plakaten lächelt eine junge Winterfee in weißem Pelz potenzielle Kunden an. In der Hand hält sie eine Zauberkugel. Damit lasse sich die Zukunft vorhersagen, zum Beispiel der Ausgang der Präsidentschaftswahlen in den USA, hieß es. Wenn’s hilft, bitte.
Der Winterzauber soll nun alle Events in der kalten und grauen Jahreszeit bis Januar unter einer Marke bündeln, bevor Berlin im Februar wieder ganz im Zeichen der Internationalen Filmfestspiele steht. Neben den mehr als 40 Weihnachtsmärkten werden den Berlin-Besuchern weihnachtliche Events wie Konzerte und Revuen sowie die Silvesterparty am Brandenburger Tor geboten. Zudem locken einige Gaststätten mit einem Weihnachtsmenü für 20,04 Euro. Das Nobelhotel Ritz Carlton am Potsdamer Platz lädt an den Adventwochenenden zu „zauberhaften Kutschfahrten“ durch die City ein.
Zentraler Teil der Werbekampagne sind auch die relativ günstigen Preise in Berlin: Übernachtung gibt’s ab 29 Euro pro Person, so das Angebot. Warum da noch in den Wald nach Sachsen oder Tschechien fahren?
RICHARD ROTHER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen