: Schramma markiert den starken Mann
Kölns OB möchte bei der CDU-Kandidatenliste für die Kommunalwahl ein Wörtchen mitreden. An der Basis wird das fast als Drohung verstanden. Der neu gewählte Parteichef Reinarz moniert Hausdurchsuchungen bei CDU-Spendern
KÖLN taz ■ Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma wittert Morgenluft. Der CDU-Parteitag dieser Woche hat ihm Rückenwind gegeben – nicht nur mit der Neuwahl von Walter Reinarz (46) als neuem Vorsitzenden. Denn Schramma hegt längst die Hoffnung, dass er selbst zum starken Mann in der Union werden könnte. Vorsichtshalber hat er deshalb schon seinen Anspruch auf Mitsprache bei der Kandidatenliste für die Kommunalwahl angemeldet. „Ich denke, das verstehen Sie!“, untermauerte Schramma sein „klares Mitspracherecht“ gegenüber den Delegierten. „Mit der gewählten Mannschaft werde ich als Vorsitzender des Rates schließlich fünf Jahre zusammenarbeiten. Da ist die richtige Mischung für mich und für uns alle besonders wichtig.“
An der Basis wurde das teilweise fast als Drohung ausgelegt. „Schramma kann uns ja gerne beraten, aber das letzte Wort haben wir“, sagte ein Mitglied. Der neu gewählte CDU-Chef Reinarz drückte sich gegenüber der taz diplomatischer aus. „Herr Schramma ist ein wichtiger Mann in der CDU, deshalb werden wir auch mit ihm gemeinsam über die Kandidaten nachdenken.“ Der Oberbürgermeister hatte mit einer halbwegs launigen Rede die Unions-Anhänger auf Kurs gebracht. „Wir sind hier schließlich kein Holzfällerverein“, schimpfte er über Streitigkeiten und Strippenziehereien der vergangenen Tage: „Ich sage das deshalb so deutlich, weil ich ahne und weiß, das auch hier schon wieder einige mit der Axt in der Tasche sitzen.“
Doch das Holzen blieb aus. Nach intensiven Verhandlungen hatte es keine Kampfkandidaturen mehr gegeben, und auch Richard Blömer und Rolf Bietmann hielten sich vornehm zurück. Eine glatte Bauchlandung machte allerdings Christoph Kahl, der gegen die etablierte Elite antreten wollte. Kahl hatte jüngst Bietmann vom Chefposten bei der CDU-Mittelstandsvereinigung geschubst. Ein Überraschungscoup, der sich beim Parteitag nicht wiederholen ließ: Sein öffentlicher Vorschlag für die Wahl von Beisitzern setzte sich nicht durch. Die Schatten der Bietmänner und Blömers waren dann doch zu mächtig.
Mit einem konnte sich auch Schramma nicht durchsetzen: Seine Forderung, nur „im weitesten Sinne unbelastete Leute“ in den Vorstand zu wählen, wurde von den Delegierten nicht in Gänze erhört. Der Ex-Prokurist von Trienekens, Egbert Bischoff, verfehlte zwar den Einzug in den Vorstand, der Ratsherr Hans-Werner Hamm aber wurde mehrheitlich in die CDU-Führung gewählt. Damit sitzt ein „belasteter“ Politiker in dem neuen Gremium, gegen das die Staatsanwaltschaft ebenfalls im Müllskandal ermittelt.
Schramma wie Reinarz bedienten unterdessen ein Feindbild, das den Delegierten gefiel. Anscheinend um negative Schlagzeilen im CDU-Spendenskandal zu relativieren, griffen sie die Justiz an. Reinarz äußerte sein Unverständnis darüber, dass die Staatsanwaltschaft bei 15 CDU-Spendern Hausdurchsuchungen gemacht hat: „Wo bleibt hier der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn man bedenkt, dass in der SPD-Spendenaffäre keine einzige Wohnung durchsucht worden ist?“
Schramma äußerte sich zurück haltender, trieb die Behörde aber zur Eile an: „Ich verlange und hoffe hier dringend auf eine zügige Untersuchung, damit sich diejenigen, die sich nichts vorzuwerfen haben, auch schnell rechtfertigen können.“ Ansonsten sei es „unerträglich“. Solche klaren Worte hätte man sich gewünscht, als zum Beispiel mehr als drei Jahre gegen den von Schramma ungeliebten Baudezernenten Bela Dören (SPD) ermittelt wurde. FRANK ÜBERALL
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen