: Schon wieder gibt es Ärger wegen Olaf Scholz
Vorstandsmitglied Hermann Scheer erhebt in Sachen Plutoniumdeal schwere Vorwürfe gegen den Generalsekretär
BERLIN taz ■ In der SPD gibt es wieder einmal Ärger um Generalsekretär Olaf Scholz. Das Vorstandsmitglied Hermann Scheer wirft Scholz indirekt vor, die Öffentlichkeit über den Verlauf der SPD-Vorstandssitzung am 8. Dezember belogen zu haben.
In der Sitzung diskutierte das SPD-Führungsgremium den Export der Hanauer Plutoniumfabrik nach China. Bundeskanzler Gerhard Schröder, ohnehin schon genervt von der öffentlichen Kritik an dem Atomgeschäft, machte dabei unmissverständlich deutlich, dass die Regierung dem Export zustimmen werde, weil es sich um eine rechtliche und nicht um eine politische Entscheidung handle. Ausdrücklich unterstützt wurde Schröder in der Sitzung nur von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement. Vier andere Vorstandsmitglieder jedoch – der Energieexperte Hermann Scheer, der saarländische Landeschef Heiko Maas, der Bremer Landesvorsitzende Detlev Albers sowie der Linke Detlef Grumbach – kritisierten das Vorhaben. Generalsekretär Scholz hingegen sprach in der Pressekonferenz nach der Sitzung von einer „breiten Unterstützung“ des SPD-Vorstandes für den Kurs des Kanzlers.
„Mir ist unerfindlich, wie Du zu so einem Bericht zur Parteivorstandssitzung kommst“, schreibt Scheer jetzt in einem Brief an Scholz, der der taz vorliegt. Daraus, dass sich das Gros der Vorstandsmitglieder nicht zu Wort meldete, sei keine breite Unterstützung ablesbar. Eine Abstimmung habe es bekanntlich nicht gegeben. „Insofern waren Deine Äußerungen unwahrhaftig und gaben ein verzerrtes Bild wider“, schreibt Scheer. Dies sei „unakzeptabel“ und nicht der „Stil, mit dem umgegangen werden sollte“.
Scheer hat sein Schreiben dem gesamten Vorstand weitergeleitet. Mehrere Mitglieder des Führungsgremiums teilen seine Kritik, wollen sich aber öffentlich nicht dazu äußern. Sie beabsichtigen, Scholz bei nächster Gelegenheit zur Rede stellen.
„Scholz merkt offensichtlich immer noch nicht, warum er auf dem Parteitag abgestraft worden ist“, sagte ein Vorstandsmitglied der taz. „Er hat nichts dazugelernt.“ Unter anderem wegen seiner schlechten Öffentlichkeitsarbeit war Scholz auf dem Parteitag vor drei Wochen mit nur 52 Prozent zum SPD-Generalsekretär wiedergewählt worden. Danach ist er gleich wieder in die Kritik geraten, weil er der taz ein Interview nicht zur Veröffentlichung freigegeben hatte. Dies hatte zu einer Aktion mehrerer großer überregionaler Tageszeitungen gegen die Erpressungsversuche von Politikern bei Interviews geführt. JENS KÖNIG
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