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Politisches Nachspiel um Militäreinsatz

Die Regierung der Elfenbeinküste und die französische Menschenrechtsliga beschuldigen Frankreichs Armee, in der Elfenbeinküste brutal Zivilisten erschossen zu haben. Frankreichs Regierung spricht von „legitimer Verteidigung“

PARIS taz ■ Drei Wochen hat es gedauert, bis die Pariser Verteidigungsministerin sich zu den blutigen Ereignissen Anfang November in der Elfenbeinküste äußerte. Ende vergangener Woche gab Michèle Alliot-Marie schließlich zu, es habe „rund 20 Tote“ bei den Militäreinsätzen in der Elfenbeinküste gegeben – Zivilisten und Militärs. Die französischen Soldaten, die ein Mandat des Weltsicherheitsrates zur Friedenssicherung haben, hätten „bei vier Gelegenheiten“ scharf geschossen, so die Ministerin. Unter anderem am Hotel Ivoire in Abidjan, wo europäische Flüchtlinge versammelt waren, und am Flughafen der Stadt, von wo aus die Flüchtlinge über eine Luftbrücke nach Paris evakuiert wurden. In jedem Fall hätten die Soldaten jedoch „überlegt und professionell“ gehandelt und immer nur in „legitimer Verteidigung“ geschossen. Ihnen hätten keineswegs nur unbewaffnete Demonstranten gegenübergestanden.

Die „legitime Verteidigung“ wird von mehreren Seiten bestritten. Die ivorischen Behörden beschuldigen die französische Armee, „57 Zivilisten“ erschossen zu haben. Sie haben Fotos und Filme über Gewaltszenen in Umlauf gebracht und Frankreich beschuldigt, „barbarisch“ gehandelt und ohne Not geschossen zu haben.

Präsident Laurent Gbagbo, der sich nach langer einverständlicher Zusammenarbeit mit Paris neuerdings als Antikolonialist gebärdet, wollte Frankreich sogar wegen Verletzung des Verteidigungspaktes zwischen den beiden Ländern vor einem internationalen Gericht anzeigen, zog diese Drohung aber zurück. Beinahe gleichzeitig appellierte er an die 8.000 Franzosen, die sein Land während der Plünderungen und Gewalttaten gegen Weiße fluchtartig verlassen hatten, sie mögen zurückkommen.

Auch die französische Menschenrechtsliga FIDH nennt deutlich höhere Opferzahlen als die Verteidigungsministerin. Die FIDH spricht unter Berufung auf „zuverlässige Mitarbeiter“ vor Ort von „rund 60 Toten und mehr als tausend Verletzten“. Sie fordert jetzt eine parlamentarische Untersuchungskommission. Dem haben sich mehrere sozialdemokratische und kommunistische Oppositionsabgeordnete angeschlossen. Sie wollen über den unmittelbaren militärischen Einsatz hinausgehen. Exminister Paul Quilès (PS) und sein Genosse François Loncle verlangen auch, dass die „militärischen und diplomatischen Fehler, die zu der Instabilität in der Elfenbeinküste beigetragen haben“, untersucht werden.

Anfang November hatte die ivorische Armee mehrfach die in Paris und Accra unterzeichneten Waffenstillstandsabkommen zwischen Regierung und Exrebellen verletzt und hatte militärisch in dem von den Rebellen kontrollierten Nordteil des Landes eingegriffen. Gleichzeitig plünderten in der Hafenstadt Abidjan bewaffnete Milizen der „Patriotes“, jugendlicher Anhänger von Präsident Gbagbo, die Sitze sämtlicher Oppositionszeitungen. Der letzte Ausschlag für die Eskalation war, dass Maschinen der ivorischen Luftwaffe eine französische Basis in Bouake bombardierten. Dabei kamen neun französische Soldaten ums Leben. Frankreichs Präsident Jacques Chirac gab daraufhin den Befehl, Teile der ivorischen Luftwaffe zu zerstören. Stunden später gab der Weltsicherheitsrat Frankreich Rückendeckung für eine Befriedungsmission vor Ort und beschloss wenige Tage darauf ein Waffenembargo gegenüber beiden ivorischen Seiten.

Die Situation vor Ort ist inzwischen wieder relativ ruhig. Aber der Konflikt dürfte tiefe Spuren hinterlassen. „Die Beziehungen zwischen Paris und Abidjan werden vermutlich nie wieder so sein wie zuvor“, schreibt die rechte Wochenzeitung Le Point in Paris. DOROTHEA HAHN

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