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Die größte Hürde ist der Zaster

Der Kommunalwahlkampf steht ins Haus, aber Kölns chronisch klammen Parteien fehlt das Geld. Spenden aus der Wirtschaft dürften angesichts der Skandale der vergangenen Zeit schwer aufzutreiben sein. Alle wollen sich mit Sachthemen profilieren

VON FRANK ÜBERALL

Ende September nächsten Jahres wählen die Kölnerinnen und Kölner einen neuen Stadtrat. Vor allem für die großen Parteien wird der Wahlkampf schwieriger denn je. Nach den Spendenskandalen bei SPD und CDU sind die Kassen leer, und neue Spender lassen sich kaum finden. Außerdem ist die politische Lage recht unübersichtlich.

Die SPD klagt am lautesten. „Wir werden uns bei jedem Euro drei Mal überlegen, ob und wie wir ihn ausgeben“, sagt ihr Vorsitzender Jochen Ott. Es werde keine Materialschlacht geben können, weil einfach nicht genug Geld da ist: „Uns steht nur ein Bruchteil dessen zur Verfügung, was in den letzten 40 Jahren für Kommunalwahlkämpfe ausgegeben worden ist.“ Anhand von Sachthemen wolle man ganz gezielt auf die Menschen zugehen und mit ihnen diskutieren.

Spenden gibt es bei den Kölner Sozialdemokraten nur noch von den Kandidaten und den Ortsvereinen. Firmen wie Privatleute wollen nahezu gar nichts mehr geben, berichtet Ott: „Die sind sehr vorsichtig und haben nach den Schlagzeilen der vergangenen Monate Angst, Ärger zu bekommen, wenn sie etwas spenden.“ Ihre Kandidaten wird die SPD bei einem Parteitag am 20. und 21. März aufstellen. „Da ist Frühlingsanfang, hoffentlich bringt das Glück“, so Ott.

Wer für die 7.600 Mitglieder starke Partei ins Rennen um die Ratssitze ziehen soll, ist noch nicht ganz klar. Ott, der selbst auch antreten will, möchte in den ersten Wochen des neuen Jahres ein Team vorstellen. Unter anderem soll Elfi Scho-Antwerpes dabei sein, die hinter den Kulissen schon als mögliche Bürgermeisterin gehandelt wird.

Bei der CDU wird hinter den Kulissen fleißig vorbereitet, wie die Bundestagsabgeordnete Ursula Heinen und der Parteichef Walter Reinarz einmütig versichern. Zu Einzelheiten und Terminen will man sich aber nicht äußern. Die zur Zeit rund 6.600 Mitglieder starke Kreispartei hängt nach Angaben ihres Schatzmeister Peter Jungen aber am Tropf spendabler Unternehmen. Da viele CDUler zu wenig Mitgliedsbeiträge bezahlten und zu hohe Abgaben an Landes- und Bundespartei fällig würden, könnten Werbeaktivitäten aus diesem Etat nicht bezahlt werden.

Für solche außergewöhnlichen finanziellen Belastungen müssten wie in den Vorjahren zusätzliche Spenden eingeworben werden. Das werde angesichts der Ungereimtheiten um den zurück getretenen Vorsitzenden Richard Blömer und seinen Spendenpraktiken nicht einfach, heißt es aus CDU-Kreisen.

Die Union will vor allem auf ihre traditionellen Themen setzen. Sicherheit und Sauberkeit, Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung werden dort genannt. Auch Schulsanierungen und Soziales sollen im Wahlprogramm diskutiert werden.

Die 700 Mitglieder starken Kölner Grünen geben als einzige bereits einen ungefähren Wert ihrer Ausgaben an: Etwa 30.000 Euro darf die Werbung um Wählerstimmen kosten, finanziert vor allem über Mitgliedsbeiträge und Sonderspenden von Mandatsträgern. Zusätzlich hoffen die Verantwortlichen auf weitere Spenden und „Fundraising-Aktivitäten“. Zentrale Themen des grünen Wahlprogramms sollen Soziales und Tolerantes Köln, Transparenz, Nachhaltige Haushalts- und Wirtschaftspolitik sowie Urbanität sein.

Auf der grünen Vorschlagsliste für den Stadtrat stehen neben Altbekannten aus der aktuellen Fraktion auch neue Gesichter, darunter Christoph Meertens, der Geschäftsführer der Aids-Hilfe Michael Schuhmacher, der Tierheimleiter Ralf Unna und Katrin Barion, die bereits 1989 bis 1994 im Stadtrat saß.

Kölns FDP, 1.000 Mitglieder stark, will mit aller Macht ihre Position im Rat ausbauen. Bisher haben die Liberalen dort dank des Wegfalls der Fünf-Prozent-Klausel vier Vertreter. FDP-Wahlkampfleiter Ulrich Breite sagte der taz, man habe erstmals einen international tätigen Strategieberater für die Kölner Partei gewonnen: „Er hat bereits Parteien und Politiker in Amerika, Europa und Israel erfolgreich begleitet.“ Mehr verriet Breite noch nicht.

Über die Höhe des Wahlkampfbudgets wollte die FDP noch nichts sagen, aber Spenden sollen dazu wenig beitragen: „Die Kölner Liberalen sind stolz darauf, in ihrer Arbeit von Spenden unabhängig zu sein“, erklärte Breite. Was in den Monaten bis zur Wahl an Themen in die Öffentlichkeit getragen wird, ist bei den Blau-Gelben Geheimsache. „Ich werde den Teufel tun und diese jetzt schon verraten“, meinte Breite: „Denn unsere Konkurrenten warten nur darauf.“ Man wolle sich aber auf wenige Themen konzentrieren und „diese pushen, was das Zeug hält“.

Die PDS (150 Mitglieder) will wieder mit einer „Offenen Liste“ unter ihrer Federführung antreten. Unter der Fahne einer anderen linken Gruppierung zu segeln, behagt der Partei nicht. Nach Angaben ihres Sprechers Michael Kellner muss die Kölner PDS ihren Wahlkampf komplett selbst finanzieren, da Landes- und Bundespartei nichts dazu geben können. Mitgliedsbeiträge und Spenden würden aber fließen, deshalb sehe man dem Wahljahr gelassen entgegen. Ihre Themenschwerpunkte werden Soziales, Einsatz gegen Privatisierung und eine menschenwürdigere Flüchtlingspolitik sein.

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