: Der Polizeinachwuchs soll jobben gehen
GdP will den Polizei-StudentInnen das Geld streichen, wenn der Senat eine Einstellung garantiert. Lob von allen Seiten
Mit einem äußerst unkonventionellen Vorschlag ist die Gewerkschaft der Polizei (GdP) an die Öffentlichkeit getreten. Um die „Arbeits- und Zukunftsfähigkeit“ der Polizei zu erhalten, sollten Polizeistudierende des gehobenen Dienstes künftig erst ab dem fünften Semester ihre Anwärterbezüge in Höhe von knapp 900 Euro erhalten. Zurzeit werden sie mit Aufnahme der Ausbildung bezahlt. Laut GdP sollen die ersten beiden Ausbildungsjahre in Zukunft mit Unterstützung der Eltern, über Bafög-Leistungen oder Ferienarbeit finanziert werden. Im Gegenzug soll der Senat allen erfolgreichen Absolventen die Einstellung in den Polizeidienst garantieren.
Gegenfinanzieren will die GdP ihren Vorschlag, der bis Ende 2009 gelten soll, durch eine neue Möglichkeit eines freiwilligen Ausscheidens älterer Beamter schon ab 50 Jahren. Natürlich könnte dies nur bei entsprechend abgesenkten Bezügen geschehen. Auch für andere öffentliche Bereiche könne ein solcher „Generationenpakt“ modifiziert umgesetzt werden. Zwar sei eine Ausbildung zum Nulltarif auch „ein Stück Kapitulation vor der Realität“, bekannte GdP-Landeschef Eberhard Schönberg, aber dennoch ein „besserer Weg, als wenn gar nichts geschieht“. Da er zudem auf freiwilliger Basis beruhe, „nimmt man keinem was weg“. Durch die erhebliche Differenz zwischen der Besoldung älterer und junger Polizisten verspricht sich die GdP mit ihrem Modell „Jung rein – Alt raus“ eine Kostenersparnis von sechs bis sieben Millionen Euro pro Jahr.
Hintergrund des ungewöhnlichen Gewerkschaftsvorschlags ist die aktuelle Personalsituation bei der Polizei. Bereits seit 2002 wird kein Nachwuchs mehr eingestellt. Das soll sich erst ab 2006 oder 2007 wieder ändern. Vor 2009 bzw. 2010 wären die Neuen jedoch nicht einsatzbereit. Bis dahin aber würde die Zahl der Berliner PolizistInnen laut GdP durch rund 400 bis 600 Pensionierungen jährlich von derzeit circa 16.300 auf 14.000 sinken und der übrige Personalkörper „extrem überaltern“. „Wir können uns also nur verbessern“, sagt Claudia Hartmann, Vorsitzende der Jungen Gruppe in der GdP. Ihr etwa 1.600 Mitglieder starker Jugendverband hatte die Idee entwickelt. Mit Innensenator Ehrhart Körting (SPD), Polizeipräsident Dieter Glietsch und den Abgeordnetenhausfraktionen hat die GdP bereits Vorgespräche geführt – mit positiver Resonanz. „Wenn man jungen Menschen eine Chance bieten will, muss man neue Wege prüfen“, sagt der Innenausschussvorsitzende Peter Trapp (CDU). Seine Stellvertreterin Anja Hertel (SPD) hält die Idee „für einen hervorragenden Vorschlag. Wir sollten das machen“. Marion Seelig von der PDS nennt es einen „erstaunlich realistischen Vorschlag“. Ihr grüner Kollege Volker Ratzmann meint: „Innovativ und verantwortungsvoll.“ Und auch Alexander Ritzmann von der FDP spricht von einer „insgesamt positiven Tendenz“. Auch die Senatsinnenverwaltung „begrüßt“ den GdP-Vorstoß, der nun „durchgeprüft“ werden müsse. Die Gewerkschaft will nun möglichst rasch in offizielle Verhandlungen eintreten, um schon im kommenden Herbst die ersten neuen Jungpolizisten ausbilden zu können. Otto Diederichs
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